Urlaub 1993
Fahrradtour durch die Alpen
vom 27.09.1993 bis 15.10.1993
 

Montag, 27.09.93
In der Nacht vom 26.09.93 auf den 27.09.93 lasse ich mich von meinem Bruder an den Mondsee, am Nordrand der Alpen gelegen, im Bundesland Salzburg in Österreich, bringen. Um Punkt 9.00 Uhr sind wir dort. Es ist stark bewölkt aber für die Jahreszeit noch angenehm warm. Während des Bepackens meines Fahrrades frühstücken wir noch gemeinsam. Um 9.40 Uhr bin ich dann startbereit. Nach einem letzten Gruß verlassen wir unseren Rastplatz in gegensätzlichen Richtungen. Er fährt zurück zur Autobahn und dann weiter nach Südtirol und ich in Richtung Süden in die Alpen hinein.

In meinem Rücken befindet sich das österreichische Voralpenland und genau in meiner Blickrichtung erheben sich die ersten Gipfel. Eindrucksvoll ist die Drachenwand direkt rechts von mir. Nach dem langen Sitzen im Auto beginne ich langsam in der kühlen Morgenluft zu treten. Zuerst führt mich der Weg entlang des westlichen Ufers des Mondsees. Später zweigt er nach Westen ab zur ersten Anhöhe, dem Puchasattel, der Wasserscheide zwischen Mond- und Wolfgangsee. Diese erste Steigung ist zum Eingewöhnen auf das, was noch kommt.

Ab der Puchahöhe erfolgt eine schöne und schnelle Abfahrt zum Wolfgangsee. Auch hier fahre ich wieder am westlichen Ufer entlang bis nach Strobl. Von dort geht es weiter nach Bad Ischl. Bisher bin ich nur auf der Hauptstraße gefahren. Der Kfz-Verkehr ist nicht allzu stark. In Bad Ischl überquere ich die Traun nicht und fahre auf einem Radweg entlang der Traun nach Süden. Dieser Radweg bringt mich zum Bahnhof Goisern. Hier muß die Traun überquert werden und der Weg findet sein Ende. Aber auch an der Hauptstraße entlang führt ein Radweg.

Südlich von Goisern wird die Traun ein weiteres Mal überquert und es folgt ein weiterer Radweg. Nun führt er mich durch Wiesen und viele kleine Hügel und Täler bis nach Steeg. In Steeg stoße ich dann wieder auf die Hauptstraße. Hier beginnt auch der Hallstätter See. Dem Seeufer folge ich wieder auf der westlichen Seite in Richtung Süden. An der Abzweigung nach Gosau steht ein Schild, daß der Goppenpaß über Tag gesperrt ist. In der Hoffnung, daß ich trotzdem herfahren kann, folge ich der Ausschilderung in Richtung Goppenpaß und Hallstatt.

Um 13.00 Uhr erreiche ich Hallstatt. Dieser Ort liegt sehr ruhig direkt zwischen Felsen und Wasser eingeengt. Im Ort ist absolutes Fahrverbot für Kfz. Besucher können hinter dem Ort in einer "Tiefgarage" im Berg parken. Im Ort halte ich mich längere Zeit auf und sehe mir diesen schönen Platz genauer an. Auf dem See fährt einsam eine motorgetriebene Gondel.

Dann radle ich langsam weiter nach Obertraun. In Obertraun steht wieder ein Sperrschild. Ich umfahre das Sperrschild und harre der Dinge die da kommen. Ich genieße so richtig die ruhige Straße. Nach einigen Kehren über dem Ort geht die Straße in eine Kopfsteinpflasterstraße über mit einer Steigung von bis zu 23%. Hier ist fahren nicht mehr möglich. Nach einigem Schwitzen nimmt dann die Steigung wieder ab und kurze Zeit später bin ich an der Paßhöhe. Kurz dahinter ist dann eine Baustelle, die unschwer zu passieren ist. Dann beginnt Gefälle bis 16% hinab nach Bad Aussee.

Zwischen Bad Aussee (14.30 Uhr) und Äußere Kainisch muß man dann bei leichter bis mäßiger Steigung und geringem Verkehr auf der Hauptstraße fahren. Dann folgt eine Autostraße und Radfahrer werden auf eine Nebenstraße geleitet. Die letzten Kilometer vor Bad Mitterndorf befindet man sich dann wieder auf der Bundesstraße. Mitten im Ort (15.20 Uhr) biegt eine schmale Straße nach Süden ab. Ihr folge ich nun, nachdem ich mich nach der Straße zum Paß erkundigt habe. Eine Ausschilderung gibt es nicht, was mich einigermaßen erstaunt. Der Name des Passes war mir bis jetzt auch unbekannt, da er in keiner Karte benannt ist.

Noch mehr erstaunt mich, daß das Wasser jetzt in meiner Fahrtrichtung fließt. Ich sehe mir die Berge im Süden an und suche nach der Paßstraße, aber es ist nichts zu sehen. Kurz vor der erwarteten Steigung beginnt ein schmaler See, der sich in eine Schlucht in den Berg hinein verliert. Kurz darauf endet mein Weg an einer Schranke. Ab hier ist motorisierter Verkehr absolut verboten. Radfahrer und Fußgänger dürfen den Weg auf eigene Gefahr passieren.

Was nun folgt ist einer der schönsten und ruhigsten Wege, die ich jemals gefahren bin. Der Weg ist durchgehend geteert und in einem relativ guten Zustand. Er ist gut einspurig. Meine erwartete Paßstraße führt in die enge Schlucht hinein direkt entlang des Sees. Die erwartete Steigung fällt ebenfalls aus, zumindest für die nächsten 10 km. Der See ist höchstens 50 Meter breit. Ringsum bin ich von fast senkrechten Felswänden umgeben. Das hier ist ein richtiger Cañon. Genauso plötzlich wie die Schlucht begann hört sie auch wieder auf. Nun sehe ich auch, daß es sich um einen Stausee handelt. Mein Weg knickt an der Staumauer eng nach rechts ab. Auf der linken Seite kann ich wunderbar ins Tal der Enns hinab sehen und mein Weg steigt unvermittelt mit 20% an.

Die Steigung hält aber nur wenige hundert Meter an und geht in Gefälle bis 20% über. Ich fahre auf dem schmalen geteerten Feldweg mit äußerster Vorsicht. Eine Bremse alleine kann mein Fahrrad hier nicht mehr halten und ich überlege schon was passiert, wenn ein Bremszug reißen würde.

In Tippschern biege ich dann auf die B 146 ab. Diese Straße ist für Radfahrer wegen des Schwerlastverkehrs absolut ungeeignet. Deshalb versuche ich auch mehrmals auf Seitenwege auszuweichen. Kurz vor Assach habe ich dann die Hauptstraße endgültig geschafft. Ein geteerter Feldweg führt mich über Aich durch saftige Wiesen nach Weißenbach (17.15 Uhr).

Nachdem ich zweimal durch den kleinen Ort rund gefahren bin gehe ich als erstes Einkaufen. Danach mache ich mich auf Zimmersuche. Der erste Versuch in einer Pension scheitert. Eine Nacht und eine einzelne Person ist einigen Vermietern doch nicht ganz recht. Außerdem ist die Saison ja auch so gut wie vorüber. Der zweite Versuch im Gasthaus Hartweger ist dann erfolgreich. Für 290 Schilling bekomme ich ein sauberes und gut eingerichtetes Zimmer. Das Fahrrad steht in einem Vorraum zum Schweinestall. Nachdem ich ein gutes Abendessen zu mir genommen habe schlafe ich die erste Nacht sehr gut.

Tagesstrecke 117,78
Ø 19,8 km/h
Zeit: 7:35 Stunden
Gesamtkilometer 118 km





Dienstag, 28.09.93
Am nächsten Tag bin ich schon vor 8.00 Uhr munter. Der erste Blick nach draußen ist nicht so überragend. Die Sicht nach oben beträgt etwa 50 Meter, dann beginnt eine dicke Hochnebeldecke. Was mag es heute für ein Wetter geben? Das Thermometer zeigt 6°C. Nach dem Frühstück ist erst einmal packen angesagt. Erfahrungsgemäß dauert es ein paar Tage bis alle Handgriffe sitzen und ich auch weiß, was in welche Tüte hineingehört. Um 9.20 Uhr ist Abreise. Zuerst geht es entlang des Weißenbachs nach Vorderramsau. Hier fahren fast überhaupt keine Autos. Schon nachdem ich einige Höhenmeter hinter mir gelassen habe geht der Hochnebel in strahlenden Sonnenschein über. Hinter Vorderramsau wird es dann sehr steil und schieben ist angesagt. Oben angekommen liegt dann der schöne Ort Ramsau auf einer Hochfläche. Hier lege ich eine Pause ein und bestaune das Dachsteingebirge.

Dann geht die Fahrt weiter über die Dachsteinpanoramastraße in Richtung Filzmoos. Die Straße hat abwechselnd Steigung und Gefälle. Der Verkehr ist sehr gering. Je näher ich nach Filzmoos komme umso grandioser wird die Landschaft. Das Dachsteingebirge und vor allem die Dachsteinsüdwand fesseln meinen Blick. In Filzmoos (11.20 Uhr) fahre ich einige hundert Meter auf der Stichstraße zur Hofer Alm. Von hier hat man wieder einen ganz anderen Blick zur Dachsteingruppe. Tags vorher hat mir ein Urlauber erzählt, daß von der großen Bischofsmütze ein großer Felsblock in Folge der starken Regenschauer abgebrochen ist, und das will ich mir jetzt genauer ansehen. Erkennen kann ich das aber von hier nicht.

Danach erfolgt eine rasante Abfahrt nach Eben (12.00 Uhr). Genauso schnell geht es dann weiter über die sehr gering befahrene Bundesstraße nach Bischofshofen. Dann erfolgt der Aufstieg nach Mühlbach. Auf dieser Straße ist zuerst reger Verkehr, ab Mühlbach (13.45 Uhr) wird er aber immer geringer. In Mühlbach verzehre ich meine mitgenommen Müsliriegel. Danach nimmt die Steigung dann wieder bis 18% zu. Mein Training reicht noch nicht aus um hier hoch zu strampeln. Um 15.00 Uhr erreiche ich den Dientner Sattel (1.357 m). Danach folgt eine kurze und steile Abfahrt hinab nach Dienten und ein erneuter Anstieg auf einer schmalen und steilen Straße hinauf zum Filzensattel (15.45 Uhr, 1.291 m).

Während der ganzen Strecke von Mühlbach bis hierher und noch weiter bis hinab nach Maria Alm begleitet mich im Norden das Hochkönigmassiv mit immer neuen An- und Einblicken. Vom Filzensattel geht es mit Gefälle zwischen 12% - 15% hinab nach Maria Alm auf einer immer noch recht schmalen und kurvigen Straße. Westlich von Maria Alm beginnt eine fast ebene Fläche die sich nach Saalfelden hin immer mehr verbreitert.

An der zweiten Abfahrt nach links in Richtung Saalfelden verlasse ich die Hauptstraße und folge einem geteerten Feldweg in Richtung Maishofen. Später stelle ich fest, daß ich die Straße auch schon auf dem ersten Weg hätte verlassen können. Von hier aus kann ich so richtig die Landschaft genießen. Weit im Süden durch das Tal des Zeller Sees kann man schon das tief verschneite Kitzsteinhorn erblicken. Der Schnee glitzert herrlich im Sonnenschein. Den Feldwegen folge ich nach Gerling. Hier machen mir einige Skilangläufer auf Rollskiern das Leben schwer. Sie legen ein ganz schönes Tempo vor und ich habe alle Mühe, daß sie mich nicht einholen.

Nach diesem Zwischenspurt versperrt mir eine Kuhherde den Weg. Nach einiger Zeit habe ich die Herde passiert, die mir nachfolgenden Pkws werden wohl noch eine Zeitlang brauchen. Auf der restlichen Strecke überholen sie mich jedenfalls nicht mehr. In der Höhe von Maishofen führt mein Weg durch ein Gatter. Dort treffe ich einen von Süden kommenden Radfahrer. Wir sprechen kurz über unsere Vorhaben. Als ich ihm erzähle, daß ich über den Alpenhauptkamm nach Südtirol will äußert er einige Bedenken und zeigt auf die verschneiten Zentralalpen. Auch mir kommen erste Zweifel. Nach kurzem Gruß trennen sich dann unsere Wege wieder.

In Maishofen biege ich dann auf den Tauernradweg ab. Um 17.10 Uhr erreiche ich Thumersbach. Dort finde ich, nachdem ich kurz einkaufen war, im Gästehaus Panorama ein Zimmer. Das Fahrrad stelle ich in einem Holzschuppen im Garten ab. Nach dem Duschen versuche ich meinen Bruder in Südtirol anzurufen. Er ist aber schon zum Abendessen. Nachdem ich in einer Pizzeria zu Abend gegessen habe unternehme ich noch einen Spaziergang zum See. Heute Abend ist es klar und sehr kühl. Der Wetterbericht sagt einen erneuten Föhndurchbruch voraus. Zurzeit kann ich die Sterne, den Mond und die Schmittenhöhe, die auf der Gegenseite des Sees liegt und zum greifen nah ist, noch gut erkennen. Im Süden sehe ich über den Bergen schon die dichten Wolken.

Später rufe ich ein weiteres Mal nach Wolkenstein an und erreiche meinen Bruder. Bei ihm ist schlechtes Wetter und der Schnee liegt schon recht tief. Wir vereinbaren, daß ich ihn am nächsten Tag wieder anrufe um einen Treffpunkt auszumachen. Ich höre mir nochmals den Wetterbericht an. Er sagt nichts Gutes voraus. Morgen soll es Schnee bis 1.500 Meter geben. Ich will auf 1.600 Meter hinauf.

Tageskilometer 106,41 km
Ø 17,1 km/h
Zeit: 7:49 Stunden
Gesamtkilometer 224 km


 


Mittwoch, 29.09.93
In der Nacht hat es leicht geregnet. Am Morgen ist es bedeckt. Die Berge sind in Wolken. Die Schmittenhöhe ist bis auf etwa 1.600 m schneebedeckt. Während des Frühstücks beginnt es wieder leicht zu regnen und die Sicht wird schlechter. Die Wolkenuntergrenze erreicht etwa 1.000 m. Um etwa 9.30 Uhr verlasse ich Thumersbach. Es will gar nicht so richtig hell werden und es beginnt wieder leicht zu regnen. Zudem ist es auch kalt.

An der Kreuzung vor Bruck verliere ich den Radweg. Hier dürfte die Ausschilderung etwas besser sein. So fahre ich parallel der Schnellstraße in Richtung Zell und Piesendorf. Später erfahre ich, daß der Radweg auf der südlichen Talseite nach Kaprun verläuft. In Schüttdorf fahre ich dann auf die Bundesstraße 168. Schon nach wenigen Metern beschließe ich die Straße auf jeden Fall wieder zu verlassen. Zum ersten ist mir der Verkehr zu stark, was aber noch störender ist sind die Wassermassen, die von den Autos und Lkws aufgewirbelt werden.

In Fürth verlasse ich die Hauptstraße. Dort endet auch ein Radweg, der entlang der Bahnlinie führt. Ein Schild weist auf den geplanten weiteren Ausbau hin. Ich fahre auf der Landstraße in Richtung Kaprun. Dort treffe ich auf einen einheimischen Radfahrer. Er erklärt mir den weiteren Verlauf des Tauernradweges, der kurz vor dem Tunnel bei Kaprun meinen Weg kreuzt.

Hier handelt es sich wieder um einen befestigten aber nicht geteerten Weg, der entlang der Salzach verläuft. Er ist sehr zu empfehlen. Leider ist die Sicht sehr schlecht und der Regen wird stärker. Nach einigen Kilometern ziehe ich meine wasserdichte Jacke und Hose an. Das hätte ich besser schon etwas früher gemacht, aber ich habe immer noch auf besseres Wetter gehofft. Ab Niedersill wird der Regen sehr stark und ich bange schon um die Wasserdichtigkeit meines Rucksacks. In Lengdorf führt der Radweg über die Haltestelle der Bahnlinie. Aus Spaß besehe ich mir den Fahrplan und beschließe den nächsten Zug zu nehmen. Trotz des schönen Radwegs ist meine Motivation sehr gesunken.

Die Packtaschen habe ich am Fahrrad gelassen, nur den Rucksack habe ich vom Sattel genommen. Trotzdem gibt es keinerlei Probleme in den Zug zu steigen. Auf dem Fahrplan ist vermerkt, welche Züge zur Fahrradbeförderung geeignet sind und welche nicht. Der Zug befördert mich von 11.40 Uhr bis 12.30 Uhr nach Unterkrimml. Dort endet das weite Tal und die Steigung nach Krimml beginnt. Der Zug hat mir etwa 100 Höhenmeter und 35 km Radstrecke erspart. Krimml selbst erreiche ich um 13.00 Uhr im leichten Dauerregen. Die Wasserfälle kann man gut im Hintergrund erkennen. Die Berge dahinter bleiben verborgen.

Bei der Bergfahrt muß ich die Regenjacke ausziehen, da ich von innen nasser werde als von außen. Sie benütze ich jetzt als Schutz für meinen Rucksack. Das Filzsteinhaus in 1.628 m Höhe erreiche ich um 14.30 Uhr. Die Auffahrt fällt mir wegen des mangelnden Trainings sehr schwer und heute ist ja auch der dritte Tag, der mir immer zu schaffen macht. Zum Glück liegt hier oben noch kein Schnee, aber er ist nicht mehr weit weg.

Zur Abfahrt ziehe ich wieder die winddichte Regenjacke an. Bis zur alten Gerlospaßstraße erfolgt nun eine steile Abfahrt, dann gibt es einen Gegenanstieg bis zum Aussichtspunkt hoch über dem Speicher Durlaßboden. Hier treffe ich vier Radler, die mir entgegenkommen. Nach einem kurzen Gespräch über die Wetterverhältnisse geht es weiter. Ab hier beginnt eine ewig lange Abfahrt auf regennasser und stark verschmutzter Straße, bedingt durch den Viehabtrieb. Die Kuhsch.... hat sich nachher auch wunderbar über mein Fahrrad und den Rucksack verteilt.

Die letzten Serpentinen vor Zell am Ziller sind sehr eng und steil, zum Glück aber wenig befahren. Nur meine Finger sind kalt geworden, ansonsten ist es trotz des Regens angenehm. Unten im Zillertal (15.50 Uhr) endet dann auch der Regen und es wird freundlicher. Die Gipfel der Alpenhauptkette sind nun gut zu erkennen. Ich überquere den Ziller und radle auf einer Nebenstraße in Richtung Mayrhofen über Hippach und Burgstall.

In Mayrhofen führt der Radweg dann kurz auf die Hauptstraße. Gegenüber des Zillerkraftwerkhauses biegt die Straße rechts nach Finkenberg ab. Am gegenüberliegenden Hang beginnt eine Steigung mit 13% bis Finkenberg. Hier schiebe ich die meiste Zeit. Für heute sind meine Kräfte aufgebraucht. Um 16.50 Uhr bin ich in Finkenberg. Nachdem ich in einer Pension ein riesiges Zimmer bekommen habe dusche ich zuerst mich und reinige dann die total verschwitzten und verdreckten Sachen.

Um 19.00 Uhr rufe ich nach Wolkenstein an. Mein Bruder hatte heute mit ähnlich schlechtem Wetter und Schnee zu kämpfen. Nach einem Spaziergang esse ich im Hotel Panorama. An meinem Tisch sitzen einige Schotten, darunter auch der Busfahrer. Nach dem Essen zieht er seine schottische Tracht an, die für einiges Aufsehen im Hotel sorgt und die Stimmung belebt.

Tageskilometer 80,11 km
Ø 16,4 km/h
Zeit: 7:20 Stunden
Gesamtkilometer 304 km



 
Donnerstag, 30.09.93
Nachts klärt es auf. Am Morgen ist es sonnig und wolkenlos und zuerst sehr kalt. Später wird es angenehm warm. Morgens beim Frühstück habe ich noch ein längeres Gespräch mit der Hauswirtin. Schon am Abend zuvor haben sich die anderen Hausgäste für meine Tour interessiert. Um 9.30 Uhr beginnt der weitere Anstieg nach Hintertux. Nur das erste Stück ist noch sehr steil, dann wird die Steigung angenehm. Vor Lanersbach sind zwei Lawinengalerien zu passieren, dann weitet sich das Tal. In Lanersbach selbst lege ich eine Pause ein. Vor hier sieht man schon wunderbar auf den imposanten Gletscher von Hintertux, der jetzt zusehends in greifbare Nähe rückt.

Kurz vor Hintertux erfolgt dann ein erneuter starker Anstieg, im Ort (11.00 Uhr) selbst und bis zum Talschluß bleibt es dann fast eben. Ich fahre kurz bis zur Gletscherbahn und wieder zurück in den Ort. Nachdem ich mir das Hotel von außen besehen habe, in dem ich mich mit meinem Bruder treffen will, fahre ich zurück zum Ortsanfang und warte auf ihn.

In diesem Hotel will ich im November mit einer Reisegruppe 4 Tage zum Skilaufen bleiben. Um 11.40 Uhr erreicht er dann auch den Ort. Zuerst buchen wir ein Zimmer für drei Tage, dann gehen wir zur Seilbahn und kaufen zwei Skipässe für je zwei Tage. Das Fahrrad habe ich im Kofferraum verstaut. Da es heute schon zu spät ist machen wir nach dem Mittagessen einen Spaziergang auf die Bichlalm oberhalb von Hintertux. Hier wird Gülle gefahren, ein ganz besonderes Schauspiel. Man sollte der Sache nur nicht zu nahe kommen. Die Aussicht von hier oben ist wunderbar und der Gletscher strahlt blendend weiß im Sonnenlicht. Wir freuen uns schon auf den nächsten Tag. Abends gehe ich noch kurz ins Thermalbad. Zum Essen gehen wir in eine Pizzeria gegenüber.

Tageskilometer 16,99 km
Ø 13,0 km/h
Zeit: 1:29 Stunden
Gesamtkilometer 321 km



 
Freitag, 01.10.93
Nachts wird es windig. Morgens stehen wir um 6.30 Uhr auf. Ab 7.00 Uhr sitzen wir am Frühstückstisch. Um 8.00 Uhr stehen wir mit Skiern am Lift und warten, daß die Bahn anläuft. Mit uns warten eine russische Mannschaft, das Skiteam Austria und einige deutsche Skiasse. Um 9.00 Uhr erfolgt dann die Durchsage, daß heute kein Skibetrieb erfolgt, weil es oben viel zu stürmisch ist. Den Gletscher sieht man heute von unten nicht. Etwas traurig erhalten wir einen Gutschein von der Liftgesellschaft.

Wir beschließen nun zu Fuß in Richtung Gletscher zu wandern. Oberhalb der Baumgrenze wird es windig und kühler. Je näher wir dem Alpenhauptkamm kommen um so mehr beginnt es zu schneien. Als wir noch etwas höher kommen, stehen wir im Schnee. Auf einem Kamm oberhalb von uns sehen wir die Spannagelhütte. Dort oben wollen wir heute zu Mittag essen. Die Hütte in 2.531 m Höhe erreichen wir im dichten Schneetreiben. Bisher sind wir die einzigen Gäste und bleiben sie auch wahrscheinlich.

Bei einem heißen Getränk wärmen wir uns am Kamin auf. Nach der Malzeit müssen wir wieder in den Sturm hinaus, der noch an Stärke zunimmt. Abends hören wir im Radio, daß Spitzengeschwindigkeiten bis 170 km/h erreicht wurden. Hinab steigen wir auf einem anderen Weg. Er führt uns bis in die Nähe der Gletscherzunge. Auf einem Grat streben wir dem Tal zu. Zeitweise müssen wir wegen des Sturms stehen bleiben. Einmal muß ich mich wegen der Böen tief ducken, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Hier wäre das Skifahren heute unverantwortlich.

Wir wandern weiter zur Sommerbergalm und von hier über einen Höhenweg zur Bichlalm, wo wir auch gestern Abend schon eine Rast eingelegt haben. Unten in Hintertux ist noch immer kein Sturm und angenehm warm.


Samstag, 02.10.93
Während der Nacht kommt der Sturm mit aller Macht ins Tal. Werbetafeln fallen mit lautem Getöse um. Das läßt auf nichts Gutes hoffen. Am Morgen wieder die gleiche Prozedur wie am Tag zuvor. 6.30 Uhr aufstehen, 7.00 Uhr Frühstücken, 7.45 Uhr anstehen am Lift. Heute Morgen ist die Anlage aber sofort gesperrt. Wir erhalten unsere Gutscheine und fahren zurück ins Hotel. Auch im Tal gibt es heute Morgen Schneeregenschauer. Es ist sehr unangenehm. Wir packen alle unsere Sachen zusammen und ich sitze über meinen Karten und überlege, wie ich die Tour weiterführen kann. Nachdem wir uns bei Frau Kirchler verabschiedet haben, verlassen wir um 9.15 Uhr den Ort.

Im Zillertal ist Almabtrieb. Auf den Straßen haben die Kühe Vorfahrt. Im Zillertal ist es noch angenehm. Kurz vor Innsbruck bricht dann der Föhn durch. Es gibt einen Wahnsinnssturm. Wir fahren weiter in Richtung Fernpaß und Pfronten. In Pfronten-Ried fahren wir in ein kleines Seitental, ins Vilstal. Hier ziehe ich mich um und mache mein Fahrrad reisefertig. Um 13.25 Uhr trennen sich unsere Wege. Mein Bruder fährt zurück nach Hause und ich über einen noch geteerten Weg zurück in Richtung Österreich.

Ich befinde mich auf dem Weitwanderweg EFW4 / VWW04(404) von den Pyrenäen zur Adria. Der Weg wird zunehmend steiler, steiniger und schmaler. Mitten im Wald steht dann ein Schild, das die Grenze markiert. Es wird darauf hingewiesen, daß man einen gültigen Personalausweis dabei haben muß, keine unerlaubten Waren mitgenommen werden dürfen, und die Grenze nur am Tag überschritten werden darf. Das letzte Stück zum Rehberg wird sehr steil und kurvig. Mein Fahrrad kann ich nur noch schieben. Oben angekommen sehe ich dann ein Schild, das darauf hinweist, daß die letzen paar hundert Meter für Radfahrer verboten sind. Unten stand kein Schild!

Jetzt beginnt es auch hier zu regnen und es wird kühler. Ich muß meine lange Hosen anziehen. Vom Rehberg bis zur Grenzstation Schattwald, wo ich wieder nach Deutschland fahre, ist der Weg geteert. Ab der Zollstation Schattwald, die ich nur von hinten anfahre und nicht überquere, führt eine mittelmäßig ansteigende Straße zur deutschen Zollstation. Ab hier verliert die Straße wieder leicht an Höhe und ich tauche in dichten Nebel ein. Die Sicht verringert sich auf wenige Meter. Ich will nur noch bis Oberjoch fahren.

An den ersten Häusern angelangt, biege ich nach links ein. Ich sehe immer nur ein paar Häuser, unter anderen auch das Haus des Sportbundes Rheinland. Zurzeit kann ich noch nicht sagen, ob hier nur 10 Häuser stehen oder 100. Nachdem ich in einer Pension kein Zimmer bekomme, quartiere ich mich im Hochpaßhaus (1.200m, 14.50 Uhr) am Iseler ein. Nach dem Duschen mache ich noch einen Rundgang durch den Ort, der doch wesentlich größer ist, als ich erwartet habe. Vor allem kann ich von meiner Unterkunft wegen des Nebels die großen Kurklinikanlagen nicht erkennen.

Tageskilometer 16,34 km
Ø 13,2 km/h
Zeit: 1:25 Stunden
Gesamtkilometer 337 km




Sonntag, 03.10.93
In der Nacht höre ich zuerst noch den Regen fallen, später wird alles ruhig. Als ich am Morgen aus dem Fenster sehe, ist alles weiß. Für heute ist also das Radfahren passé. Zum Frühstücken lasse ich mir viel Zeit. Um etwa 10 Uhr verlasse ich dann das Hotel in wasserdichter Kleidung und wandere in Richtung Iseler. Der Schnee taut hier unter sehr schnell und erst nach zwei- bis dreihundert Höhenmetern stehe ich so richtig drin. In einer Berghütte esse ich zu Mittag. Ich bin der erste Gast aber die Hütte füllt sich schnell bis zum letzten Platz. Mit einigen Tischnachbarn komme ich in ein längeres Gespräch. Danach steige ich weiter über einen Pfad zum Iseler auf. Heute war hier noch niemand. Es ist keine einzige Spur im Schnee zu erkennen.

Auf dem Gipfel (1.876 m) bietet sich ein überragender Ausblick, das Schwitzen hat sich gelohnt. Die Sonne scheint und die Wolken halten sich noch in gebührendem Abstand. Hier genieße ich längere Zeit die Aussicht bis sich Nebel bildet. Daraufhin verlasse ich den Berg wieder auf dem Aufstiegsweg. Unterwegs kommen mir noch zwei Wanderer entgegen, die mich nach der Beschaffenheit des Pfades fragen. Kurz vor der Hütte, wo ich am Morgen schon gewesen bin, teilt sich der Weg. Ich wandere auf einem etwas längeren Weg hinunter nach Oberjoch. Der heutige Tag war auch ohne mein Fahrrad sehr schön.
 

Montag, 04.10.93
In der Nacht war es sehr kalt. Am Morgen ist draußen noch Raureif. Der Himmel ist strahlend blau und absolut wolkenlos. Ich freue mich schon sehr auf's Radfahren. Um 9.20 Uhr habe ich gefrühstückt und fertig gepackt. Ich fahre den gleichen Weg zurück, den ich vor zwei Tagen hierher gekommen bin. Noch einmal werfe ich einen Blick nach Westen, wo unten im Tal Sonthofen liegt. Hier will ich am nächsten Freitag wieder sein um meine Kollegen beim Stammtischausflug zu treffen. Mein Weg verläuft nun nach Osten ins Tannheimer Tal. Die Umgebung glänzt in kräftigen Farben. In Tannheim mache ich eine längere Pause und genieße die Umgebung.

Die nächste Pause lege ich am Haldensee ein. Bis hierher und sogar noch einige wenige Kilometer steigt die Straße nur unmerklich an, ideal zum Radeln und Genießen der Landschaft. Ab Nesselwängle fällt dann das Gelände wieder hin zum Gaichtpaß. Von dieser Richtung ist der Paß echt geschenkt. Im Tannheimer Tal gibt es auch Radwege, aber bei so geringem Verkehr habe ich mir nicht die Mühe gemacht, sie zu suchen.

Den Gaichtpaß fährt man am besten ganz langsam und sieht hinab ins Lechtal und auf Weißenbach. Als Radfahrer kann man auch mal in den Serpentinen anhalten. In Weißenbach gelange ich dann an den Lech. Ihm will ich nun bis zu seiner Quelle folgen. Die Landschaft ist hier noch sehr ursprünglich, da der Lech nicht so eng eingedeicht ist wie andere mitteleuropäische Flüsse. Diese Gegend sollte jeder mal gesehen haben um zu sehen, wie andere Flüsse verschandelt wurden. Über weite Strecken fährt man in einem wunderbaren Kiefernwald. Wiesen, wie in anderen Gegenden bekommt man nur selten und nur in unmittelbarer Nähe der Ortschaften zu sehen.

Um 12.00 Uhr erreiche ich Stanzach. Hier wird das Tal schmaler und es gibt wieder mehr Wiesen wo ich auch meine Mittagspause einlege. Hier verlasse ich die Hauptstraße in Richtung Vorderhornbach. Ab Martinsau fahre ich auf dem Radweg. Hier nimmt das Tempo zwar stark ab, aber hier muß man sich einfach die Zeit lassen. An einer Stelle bin ich ein Stück über eine Sandbank in den Lech hineingelaufen. Leider sind meine Dias wegen eines Bedienungsfehlers nicht alle gut geworden. Mein Weg führt mich nun weiter nach Häselgehr. Ab hier ist der Radweg leider nur noch in der Gegenrichtung ausgeschildert. Aber auch hier gibt es kaum ein Problem weiter auf Nebenwegen zu fahren. In Stockach hören dann die Nebenwege auf und das Tal wird enger. Auf der Hauptstraße ist sehr wenig Verkehr.

In den letzten Stunden hat sich der Himmel zugezogen und kurz vor Holzgau beginnt es zu regnen. In Holzgau halte ich am letzten Haus an und stelle mich unter einem Balkon unter. Der Regen hört zum Glück bald auf. Dann geht es weiter auf der Hauptstraße bis nach Steeg. In Steeg beginnt der Anstieg zum Hochtannenbergpaß. Ich folge ihm aber nur bis kurz vor die Paßhöhe in die Ortschaft Warth. Die Steigung erreicht teilweise 10%. Die Straße befindet sich in einem sehr guten Zustand und ist sehr breit ausgebaut. Einen Tunnel mit anschließender Lawinengalerie ist zu durchfahren. Wer nicht hindurch will kann auch am Berg entlang schieben. Wegen des geringen Verkehrs ist das aber nicht nötig.

Kurz vor Warth wird die Straße so richtig steil. Um 15.15 Uhr erreiche ich Warth. Als erstes gehe ich in ein Geschäft um Getränke zu kaufen. Als nächstes sehe ich mir den kleinen Ort in knapp 1.500 Metern Höhe an. Zu meinem Erschrecken stelle ich fest, daß die Straße nach Lech aus irgendwelchen Gründen gesperrt ist. Also mache ich mich auf Zimmersuche. Hier in Warth scheint die Saison aber total vorbei zu sein. Die Häuser sehen ziemlich unbewohnt aus. Also fahre ich wieder zur Schranke und sehe mir die Straße an. Nach kurzer Zeit kommt ein Radfahrer mit zwei Fahrrädern vorbei und unterfährt die Schranke. Er sagt mir, ich könne ruhig durchfahren. Also folge ich ihm. Wenig später stellt sich heraus, daß er einer Fußgängerin entgegen gefahren ist. Beide fahren zurück nach Warth.

Einige Kurven später sehe ich dann den Grund der Sperrung. Die schmale und leicht abschüssige Straße wird neu geteert. Die Teermaschine ist genauso breit wie die Straße. Ich mache mir schon Gedanken, wie ich dieses Hindernis in diesem steilen Hang umgehen kann, da winken mir die Arbeiter zu um mich durch den frischen Teer hindurch zu schleusen. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen für die Schuhe und die Reifen. Eine Reinigung wird nun fällig.

Nach kurzer Zeit um 16.00 Uhr erreiche ich Lech, einen recht großen Ort. Da er nur unwesentlich tiefer liegt als Warth sind auch hier so gut wie alle Häuser geschlossen. Meistens öffnet niemand oder man sagt mir, daß die Häuser schon geschlossen sind. Ich überlege schon ob ich weiterfahren soll als ich in der Pension Kristall endlich doch noch ein Zimmer bekomme. Die Familie dort ist sehr freundlich. Nach dem Duschen mache ich einen Spaziergang durch den Ort, den größten Teil kenne ich ja schon vom Suchen her. Zuerst gehe ich in Richtung Warth um ein Restaurant zu finden. In dieser Richtung ist aber alles geschlossen. Also geht's wieder zurück und in die andere Richtung. Hier finde ich dann doch noch ein Restaurant, eines von Zweien, die noch offen sind. Auf dem Rückweg zur Pension wird es mir bitter kalt. Die Temperatur ist unter den Gefrierpunkt gesunken.

Tageskilometer 88,16 km
Ø 17,6 km/h
Zeit: 6:40 Stunden
Gesamtkilometer 425 km




 
Dienstag, 05.10.93
An nächsten Morgen beschließe ich noch einen Tag in Lech zu bleiben. Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. Es ist mal wieder Föhn. Ich möchte in Richtung des Rüfi-Kopfes und der Rüfi-Spitze aufzusteigen. Die Hauswirtin meint aber, dieser Weg wäre zur Zeit nicht mehr zu begehen. Der Schnee beginnt in etwa 2.000 Metern Höhe, die Rüfi-Spitze liegt in über 2.600 Metern Höhe. Besser wäre der Weg zur Ravensburger Hütte, die zwar auch schon geschlossen ist aber der Weg dorthin sei sehr schön. Im Ort kaufe ich mir noch etwas zu essen und eine Wanderkarte.

Dann wandere ich aber nicht auf dem direkten Weg zur Ravensburger Hütte, sondern in Richtung Zürs. An der zweiten Lawinenverbauung zweigt der Wanderweg nach Westen ab und steigt entlang des Zürser Sees zum Madloch-Joch auf, das sich in 2.446 Metern Höhe befindet. Schon vor dem Zürser See gibt es einige Schneefelder, dahinter eine nur noch wenig unterbrochene Schneedecke. Ab dem Zürser See, wo einige Arbeiter die Gebäude und Lifte auf den beginnenden Winter vorbereiten, befindet sich kein einziger Mensch mehr. Für einige Stunden sehe ich auch niemanden mehr. 

Auf der Aufstiegsseite ist die Schneedecke noch dünn, aber oben auf dem Joch wird die Schneedecke doch erheblich dicker. Mein geplanter Weg verschwindet unter einer dicken Schneewehe, die ich nicht umgehen kann. Der Weg befindet sich in einem Nordhang, durch den bei diesen Verhältnissen eine Wanderung unverantwortlich ist. Also muß ich meine Wanderung zur Ravensburger Hütte aufgeben. Es folgt ein zuerst sehr geröllhaltiger Abstieg durch ein Schneefeld auf einer Skipiste. Nach einigen hundert Metern läßt der Schnee aber merklich nach, da hier die Sonne gut einstrahlen kann. Weiter unten begegne ich einem Steinbock, der fast keinen Respekt vor mir zeigt. Noch etwas tiefer sehe ich Schneehühner, die sich nur durch ihre Bewegungen verraten. Sie sind fast unsichtbar, obwohl sie direkt am Wegesrand sitzen.

Um 14.00 Uhr gelange ich in die Nähe der Ortschaft Zug, nur einige hundert Höhenmeter darüber. Hier zweigt ein Wanderweg zur Ravensburger Hütte ab. Ich beschließe ein Stück auf diesem Weg in Richtung der Hütte zu wandern. Jetzt bin ich auch auf dem Weg, den mir die Hauswirtin empfohlen hat. Der Weg ist sehr schmal und führt entlang einer Schlucht. Später wird in die Schlucht hinab gestiegen und auf der gegenüberliegenden Seite wieder emporgestiegen. Dann erreicht man das Stierlochjoch. Dort stoße ich auch wieder auf den total verschneiten Weg vom Vormittag. Der Umweg hat mich etwa 2 Stunden gekostet. Hier oben ist es wunderbar ruhig. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen.

Der Weg führt nun abwärts zur Ravensburger Hütte und zum Spuller See. Der Spuller See hat zwei Staumauern, das Wasser läuft hinab in die Alfenz und weiter zum Rhein. Vor dem Joch lief das Wasser noch zum Schwarzen Meer. An der Ravensburger Hütte begegnen mir dann auch wieder Menschen. Hinter der Hütte befindet sich ein Brunnen, aus dem ich als erstes mal ordentlich trinke. Da es schon 15.00 Uhr ist läuft mir die Zeit weg. Der Abstieg nach Steeg dauert von hier 4 Stunden. Um sieben Uhr ist es aber schon stockdunkel. Also beginne ich zu laufen. Zuerst geht es noch durch sehr unebenes Gelände oberhalb des Stausees. Rechts von mir steigen zwei Kletterer an einer glatten Granitwand empor.

Nach dem Stausee beginnt eine Teerstraße. Hier kann ich endlich richtig laufen. Hier oben an den Lechquellen ist die Landschaft sehr ursprünglich. An einigen Stellen röhren Hirsche. Auf der ganzen Strecke bis kurz vor Zug bin ich so gut wie allein. In Zug drossle ich dann das Tempo, da ich nun Lech noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen kann. Um 17.20 Uhr bin ich dann wieder an der Pension.


Mittwoch, 06.10.93
Auch am heutigen Morgen ist es wieder sehr kühl, leicht bewölkt und windig. Beim Frühstück um 8.15 Uhr habe ich Gesellschaft von zwei Ehepaaren. Bei dem einen Ehepaar handelt es sich um Amerikaner aus Milwaukee, das andere Ehepaar stammt aus Zürich, hat aber längere Zeit in New Orleans gelebt. Es kommt zu einer lebhaften Unterhaltung, wodurch sich meine Abreise bis 10.25 Uhr verzögert. Da es aber sonnig ist habe ich auch keine besondere Eile. Ein Ziel für den Abend habe ich sowieso noch nicht.

Ich verlasse Lech durch eine kurze Schlucht in Richtung Flexenpaß. Danach verschwindet die Straße in einem kurzen Tunnel, den ich durchfahre. Nach einigen hundert Metern im Freien verschwindet die Straße in einer sehr langen Lawinengalerie. Diese umgehe ich auf der Talseite auf einem Feldweg. Hier komme ich zwar nur langsam voran, bin dafür aber an der frischen Luft. Zürs erreiche ich um 10.55 Uhr. In diesem Ort, der noch etwas höher liegt als Lech ist es noch ruhiger. Kurz hinter Zürs folgt dann der Flexenpaß (1773m). Der Paß selbst befindet sich auf einer Hochebene, die aber abrupt am oberen Rand in einer engen Schlucht endet. Die Straße verschwindet auch sofort für längere Zeit im Fels oder hängt wie angeklebt am Fels. An diesen Stellen schützt dann eine Überdachung aus Holz die Fahrbahn. Das ganze Bauwerk ist sehr sehenswert.

Die kurze Abfahrt vom Flexenpaß bis zur Alpe Rauz (1621m) habe ich schnell hinter mich gebracht. Bei der Alpe Rauz teilt sich die Straße. Der östliche Ast führt zum Arlbergpaß, der westliche in Rheintal. Ich beschließe bei dem guten Wetter noch hoch zum Arlberg zu fahren. Die Paßhöhe (1.793m) erreiche ich auf gut ausgebauter Straße um 11.55 Uhr. Ich überfahre den Paß und erreiche nach kurzer Strecke den Ort St. Christoph. Hier kehre ich wieder um und fahre zurück zum Paß. Langsam aber sicher zieht sich der Himmel zu und es wird stürmisch. Am Paßgebäude esse ich zu Mittag. Während des Essens fallen erste Regentropfen. Ich beeile mich um wieder ins Tal zu kommen und fahre zügig zurück zur Alpe Rauz und weiter das Klostertal hinab.

Nach einigen Kilometern zwängt sich die Arlbergautobahn mit durch das Tal. Zum Glück gibt es aber auch noch die alte Landstraße. Der Regen wird stärker. Kurz hinter Dalaas ist die Autobahn aber noch nicht fertig gestellt und der starke Verkehr zwängt sich über die enge Straße. Im strömenden Regen ärgere ich mich mit den Lkws herum die eklige Wasserschwaden mit sich ziehen. Bei Innerbraz beginnt zum Glück wieder die Autobahn und ich habe die Straße wieder für mich allein. Die Lust am weiterfahren ist mir aber vergangen. Es sieht nicht mehr nach einer Wetterbesserung aus.

Pensionen scheint es hier kaum zu geben. Beim ersten Nachfragen werde ich auch abgewiesen. Mitten in Außerbraz befindet sich das Gasthaus zur Traube. Ich rechne mit einem normalen Gasthaus und gehe hinein. An der Rezeption stellt es sich dann heraus, daß es sich hier um ein 4 Sterne Hotel handelt. Da ich aber total durchnäßt bin bleibe ich trotzdem. Erst nach dem Abendessen hört der Regen auf und ich kann für einen kurzen Spaziergang das Haus verlassen. Das Abendessen war sehr gut. Das Haus kann ich nur weiter empfehlen. Das einzige Handicap ist der ordentliche Preis.
 

Tageskilometer 41,23
Ø 20,2 km/h
Zeit: 2:55 Stunden
Gesamtkilometer 467 km




Donnerstag, 07.10.93
Noch vor dem Frühstück sehe ich sehr skeptisch zum Himmel, besser gesagt zur Nebeldecke die sie über den Ort erstreckt. Es ist trüb und alles trieft. Trotzdem sitze ich um 8.00 Uhr am Frühstückstisch. Während des Frühstücks erscheinen die ersten Sonnenstrahlen und es kommt Leben im Speisesaal auf. Um 9.00 Uhr habe ich schon gepackt und gezahlt und sitze wieder im Sattel.

Bis Bludenz geht es sehr schnell bergab. Dann halte ich mich am rechten Talrand. Hier geht es immer leicht bergauf und bergab über Nüziders bis nach Ludesch, Ortsteil Brarsch. Hier folge ich der Ausschilderung zum Faschinajoch. Der Anstieg erfolgt unvermittelt. Nach einigen hundert Metern zweifle ich, ob ich auf der richtigen Straße bin, da ich mich eigentlich auf der anderen Talseite befinden müßte. Ich glaube aber dem Schild unten im Tal und fahre weiter, irgendwie werde ich schon auf die andere Seite kommen. Die Auffahrt nach Raggal ist sehr steil, dafür fährt hier aber auch fast niemand.

In Raggal selbst lege ich eine kurze Rast ein und decke mich mit Getränken und etwas zum Essen ein. Laut Karte beginnt hinter Raggal erneut eine Steigung mit 20%, die Straße hat aber entsprechendes Gefälle und es geht rasant hinab ins Tal. Mindestens die Hälfte meiner erkämpften Höhe ist damit hin. Unten beginnt dann das gleiche Spiel nur auf der anderen Talseite. Jetzt bin ich dort wo ich hin wollte.

Der Anstieg zum Joch hört und hört nicht auf und die Sonne heizt mir ganz schön ein. Um 12.00 Uhr habe ich insgesamt 500 km zurückgelegt und lege ein Pause ein. Zum Joch sind es immer noch 2 km. Das letzte Stück ist fürchterlich steil, zum Glück aber fast ohne Verkehr. Endlich, um 12.50 Uhr erreiche ich das Faschinajoch (1.486m). So schwer ist mir noch selten ein Paß gefallen.

Vom Joch aus geht es wieder in rasanter Abfahrt über Damüls nach Au. In Au fahre ich auf die Bregenzer Wald Bundesstraße auf. Vor dieser Straße hatte ich einige Bedenken. Hier ist aber so gut wie überhaupt nichts los. Die meiste Zeit habe ich die breite Straße für mich allein. Bis Egg folge ich dieser Straße nach Norden. Da die Straße hinter Egg sehr stark abfällt und ich später diesen Höhenverlust wieder erstrampeln müßte studiere ich meine Karte und finde eine ganz dünn eingezeichnete Linie in Richtung Lingenau. Da ich am Morgen schon einmal Glück hatte vertraue ich auch jetzt darauf.

Die Straße erweist sich als viel besser als erwartet und ein tiefes Tal wird mit einer neuen Brücke überspannt. Hier habe ich viel Zeit und Schweiß gespart. Von Lingenau geht es immer weiter ansteigend nach Hittisau. Dort zweige ich auf eine weitere Nebenstraße ab, die zum Riedbergpaß führt. Nach einigen Kilometern folgt eine weitere Abzweigung. Ich fahre jetzt nicht mehr in Richtung Riedbergpaß sondern in Richtung Sibratsgfäll. Schon seit Kilometern geht es nur noch bergauf. Kurz vor der Ortschaft kommt man zur Waldrast Sausteig. Ab hier verliert man dann wieder ein gutes Stück der erkämpften Höhe und es geht mit Schwung in den Ort hinein.

Im Ort geht es erneut bergauf um die verlorenen Höhenmeter wieder zu gewinnen. Ab Sibratsgfäll (16.00 Uhr) wird die Straße viel schmäler. Trotz fortgeschrittener Zeit beschließe ich weiter zu fahren, da ich dem guten Wetter nicht traue. Schon zu oft wurde ich in den letzten Tagen unangenehm überrascht.

Nach der nächsten Kehre führt die Straße wieder ins Tal nur um später wieder erneut anzusteigen. Nach dem Gehöft Rindberg ist das Sträßchen, das immer noch geteert ist und es auch bleibt, für jeglichen Kfz-Verkehr gesperrt. Laut meiner Karte müßte ich jetzt bergauf fahren, aber es geht mehrere Kilometer leicht bergab. Ich nähere mich immer mehr einem Bach, der mir entgegen fließt.

Ganz versteckt in einer Kurve überschreite ich die Grenze nach Deutschland. Ein unbesetztes Wachhäuschen und zwei Schilder markieren sie hier. Zu meiner Überraschung fällt die Straße immer noch weiter leicht ab. Es wechseln sich lichter Wald und Almwiesen ab. Die Landschaft ist wunderschön. Dann, nach weiteren Kilometern, muß ich doch noch einmal einen Anstieg bewältigen und überschreite die Wasserscheide.

Oben angekommen begegnen mir wieder Skilangläufer auf Rollskiern. Zuerst geht es nur unmerklich bergab und die Langläufer setzten mir ganz schön zu. Zu meiner rechten erhebt sich aus den Wiesen der Aibele Alm eine mehrere hundert Meter hohe Wand. Später nimmt das Gefälle zu und die Straße wird ziemlich schlecht. Sie führt in eine Schlucht hinein, die an ihrem Ende in die Breitachklamm hinein mündet. Mehrfach sind hier Erdrutsche über die Straße gegangen.

Als ersten Ort in Deutschland erreiche ich die 5 Häuser von Rohrmoos. Nach weiteren Kilometern erreiche ich die Gehöfte von Ferlewang. Hier frage ich mehrmals nach einem Zimmer. Beim 4. habe ich Glück. Das Gehöft liegt nur wenige hundert Meter von der Breitachklamm entfernt. Die Hauswirtin ist sehr nett. Als ich ankam war sie gerade im Stall beim Melken.

Hier habe ich das einfachste Zimmer auf meiner Tour. Gleichzeitig werde ich aber hier am freundlichsten aufgenommen. Sie fragt mich nach meiner Fahrtstrecke und wo ich herkomme. Sie kennt sogar den Hunsrück. Zum Abendessen gehe ich einige Häuser weiter zum Jägerhaus. Dort gibt es sehr gut zu essen. Da gerade Jagdsaison ist probiere ich Wild. Den Rückweg trete ich in stockfinsterer Nacht an. Zum Glück brennt in meiner Pension noch Licht, sonst hätte ich wahrscheinlich einige Probleme bekommen.
 

Tageskilometer 106,06 km
Ø 18,0 km/h
Zeit: 8:10 Stunden
Gesamtkilometer 573 km



 

Freitag, 08.10.93
Heute will ich mir viel Zeit lassen, da ich nur bis ins wenige Kilometer entfernte Sonthofen möchte. Um 8.15 Uhr frühstücke ich, dann packe ich alles zusammen. Draußen ist es sonnig und leicht bewölkt. Mit Frau Göhl vereinbare ich, daß ich alles auf dem Zimmer lassen kann um es nach einer Wanderung in die nahe Breitachklamm abzuholen. Um zur Klamm zu gelangen muß ich nur quer über eine Wiese marschieren und dann einen kurzen Abhang hinab. Dann stehe ich schon auf dem Parkplatz am unteren Ende der Klamm.

Mit dem Bezahlen der Eintrittskarte beginnt es leider zu regnen. In der Klamm ist der Regen nicht besonders störend, aber auf dem Rückweg über den Zwingsteig und mit einer Schleife über eine Alm werde ich durch und durch naß. Pünktlich mit dem Eintreffen an der Pension läßt auch der Regen nach. Ich ziehe mich kurz um und hänge die nassen Klamotten in die wieder scheinende Sonne. Als alles wieder trocken ist bezahle ich und fahre um die Mittagszeit ins Tal nach Oberstdorf.

Die ersten paar Kilometer bis Fischen fahre ich auf der Hauptstraße. Der Verkehr ist hier sehr störend. In Fischen überquere ich den Iller und fahre auf einem schönen Radweg entlang des Flusses bis nach Sonthofen. Von hier aus sind es nur noch wenige hundert Meter bis zum Hotel Grünten, in dem ich mich am Abend mit meinen Stammtischkollegen treffen möchte.

Im Hotel sind sie sehr überrascht, daß schon der erste Gast eintrifft. Mit dem Rest wird erst am Abend gerechnet. Mein Fahrrad kann ich in der Eingangshalle für die nächsten zwei Tage abstellen. Am Nachmittag drehe ich noch einige Runden bei gutem Wetter durch den Ort. Um kurz nach 20.00 Uhr trifft der Bus ein. Nach dem Abendessen erkunden wir noch einige Kneipen um dann spät nachts den Abend zu beschließen.

Tageskilometer 17,07 km
Ø 23,6 km/h
Zeit: 45:00 Minuten
Gesamtkilometer 590 km




Samstag, 09.10.93
Während der Nacht ist es draußen windig und es regnet ununterbrochen. Pünktlich zum Morgen bessert sich das Wetter und die Sonne scheint aus fast wolkenlosem Himmel. Die Berge rundum sind alle Schneebedeckt. Es ist noch sehr frisch draußen. Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Bus ins kleine Walsertal um in Riezlern eine Wanderung zu beginnen. Sie führt uns bei strahlendem Sonnenschein über die Mittelalm zur Alm Schönblick und zum Söllereck. Weiter geht es dann durch ein Hochmoor zum Freibergsee und von dort zurück zur Talstation der Söllereckbahn. Dort empfängt uns der Bus und wir fahren zurück zum Hotel.

Nach dem Duschen und Essen fahren wir mit dem Bus nach Oberstdorf um dort einen Kneipenbummel zu machen. Den Abend beschließen wir abermals in unserer Hotelbar.


Sonntag, 10.10.93
Heute Morgen gucken einige ziemlich müde aus der Wäsche. Die zwei Tage waren doch sehr anstrengend. Trotzdem beginnt um 7.15 Uhr der Tag. Draußen ist es sonnig und leicht bewölkt. Nach dem Frühstück packe ich mal wieder meine Taschen und bereite mich auf die Abreise vor. Um 10.00 Uhr verabschiede ich mich von meinen Kollegen und strampele dann wieder allein in Richtung Immenstadt. Die Straße verläuft eben und ruhig am Rand der Berge entlang. Hinter Immenstadt liegt der schöne Alpsee. An verkehrsreicheren Tagen hätte ich auch schon ab Sonthofen auf einem Radweg fahren können.

Ab Wiedemannsdorf fahre ich auf Nebenstraßen. An der Eisenbahnbrücke kurz vor Oberstaufen geht meinem Hinterrad die Puste aus. Dies ist der erste Platten, den ich bisher auf allen meinen Touren habe. Nach 40 Minuten ist das Problem abseits der Straße auf einer Wiese behoben. Nach der Zwangspause geht’s zurück auf den Radweg und durch ein tief eingeschnittenes Tal nach Oberstaufen.

Von Oberstaufen folge ich der Hauptstraße steil hinab nach Weißach. Gegenüber geht es wieder langsam ansteigend nach oben. Nach einigen Kilometer überschreite ich die Grenze nach Österreich bei Ach. Vor Krumbach beginnt dann das gleiche Spiel wie in Oberstaufen. Es geht wieder steil und tief hinab ins Tal des Bolgenbaches, gegenüber geht es wieder genauso nach oben. In Krumbach stehe ich dann an einer Kreuzung und überlege, wo ich überhaupt hin will. Bisher habe ich noch kein Ziel für heute.

Ich beschließe mich in Richtung Bregenz zu halten und biege rechts ab in Richtung Weißach. Schon wieder geht es bergab um dann wieder anzusteigen bis hinter die Ortschaft Doren. Von hier aus dem relativ flachen Hügelland hat man einen schönen Blick auf die im Süden liegenden höheren Gipfel der Alpen. Nach Doren geht's dann erneut bergab zur Rotach und dann erneut aufwärts nach Langen. Auch nach Langen steigt die Straße noch eine Zeitlang an, dann gibt es das lang ersehnte starke Gefälle hinab über den Pfändertunnel nach Bregenz. Die Straße führt durch einen kurzen Tunnel und eine Galerie hindurch. An einigen Stellen kann man sehr schön über das weite Rheintal blicken.

Um 14.15 erreiche ich Bregenz. Die Stadt durchfahre ich schnell um ans Bodenseeufer zu gelangen. Hier gibt es einen schönen Radweg entlang des Sees. Hier fahre ich bis zum Einfluß der Bregenzer Ache bei Rieden. An einer Snakbar esse ich ordentlich zu Mittag bis 15.30 Uhr. Das ewige auf und ab hat mich ganz schön geschafft. Im Nachhinein beim Lesen der Karte stelle ich fest, daß ich eine ähnliche Strecke mit viel weniger Mühe hätte fahren können.

Noch habe ich mich nicht entschieden, wohin die Weiterfahrt gehen soll. Nach einigem Überlegen und Herumrechnen geht’s dann weiter über einen schönen Radweg entlang der Bregenzer Ache bis Wolfurt. Danach folgt Schwarzach und Dornbirn. Auf der Straße ist wenig Betrieb und meist ist auf der Seite auch ein Radweg zu finden. Als nächstes erreiche ich dann Hohenems. Hier bin ich schon zweimal mit dem Fahrrad gewesen, einmal auf der Tour nach Wolkenstein und zwei Jahre später auf der Tour nach Nizza.

Von Hohenems führt mich die Straße nach Götzis. Hier zweigt meine Route durch eine Schlucht nach links in den Wald ab. Nach einigen Kilometern leichtem Anstiegs erreiche ich Klaus. Dort finde ich beim zweiten Anlauf in der Pension Sternen ein Zimmer (16.55 Uhr). Mein Fahrrad findet in der Garage seinen Platz. Das Abendessen nehme ich in der Pension ein und falle dann ziemlich müde ins Bett.

Tageskilometer 101,05 km
Ø 20,8 km/h
Zeit: 6:56 Stunden
Gesamtkilometer 691 km




Montag, 11.10.93
Am nächsten Morgen bin ich der einzige Gast im Haus, die restlichen Gäste sind in der Nacht mit einem Bus abgereist. Draußen scheint die Sonne und es ist angenehm warm. Nach dem Essen packe ich schnell und verlasse den schönen Ort. Ich besuche noch kurz ein Geschäft um mich mit Getränken und Gebäck zu versorgen. Hier gibt es an fast jeder Straße einen Radweg, deshalb fahre ich hier auch so gerne mit dem Rad. Es geht nun weiter über Röthis und Sulz nach Rankweil. Dort zweigt die Straße nach Westen ab. Ich durchfahre noch einige Vororte von Feldkirch und gelange über Nofels nach Liechtenstein.

Kurz hinter der Grenze empfängt mich dann sehr starker Föhnsturm. Bisher war ich noch durch die Berge südlich von Feldkirch geschützt. In Ruggell fahre ich auf den Rheindamm auf, den ich bis Sargans auch nicht mehr verlassen werde. Die nächsten Kilometer werden zur Qual. Trotz kräftigem Treten erreiche ich höchstens 12 - 15 km/h. Wenn Büsche oder Gebäude umfahren werden müssen, muß ich oft stark balancieren um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Bis Balzers bleibe ich auf der Liechtensteiner Seite. Hier befinden sich zwei Brücken, die südlichste ist nur für Fußgänger und Radfahrer. Hier wechsele ich in die Schweiz. Auch auf dieser Seite befindet sich direkt auf dem Rheindamm ein Radweg. Etwas südlich von Sargans auf der Höhe des Autobahndreiecks verzweigt der Radweg mit dem Hinweis Sargans - Zürich. Ihm folge ich nun durch Sargans (13.00 Uhr) hindurch in Richtung Walensee.

Nun habe ich den Sturm im Rücken und erreiche ohne zu strampeln 40 km/h, mit leichtem Treten sogar 50 km/h. In rasanter Fahrt geht’s nun nach Walenstadt. Dort lege ich am See, nachdem ich mich mit Franken versorgt habe, eine längere Rast bis 14.30 Uhr ein. Bei einem guten Essen mit schönem Blick auf den See überlege ich mir, wohin ich überhaupt weiterfahren soll. Nach einigem Überlegen beschließe ich in Richtung Glarus zu fahren. Nach Zürich und damit in die dicht besiedelte Schweiz möchte ich nicht. Hier am Ufer liegen überall Soldaten herum. In der Umgebung schießen Panzer. Bisher war ich noch kein einziges Mal in der Schweiz ohne daß Krieg gespielt wurde.

Bis Murg führt ein Radweg entlang der Hauptstraße. Danach wird der Radweg separat, direkt am Ufer, geführt. Die Fläche zwischen Ufer und Fels wird immer enger, teilweise wird der Radweg auf Stelzen oder an der Felswand anhängend über dem See geführt. In Teufwinkel wird das Ufer kurz verlassen und es folgt ein kurzer steiler Anstieg in ein kleines Bachtal, dann geht’s zurück zum Ufer. Die Hauptstraße ist nun in einem Tunnel verschwunden, aber eine Fahrbahn der Autobahn und zeitweise auch die Eisenbahn werden parallel zum Radweg geführt. Ansonsten wäre es hier noch schöner.

An einer Stelle an der ich keinen Ausweg mehr sehe, verschwindet der Radweg in einem Tunnel. Das passiert auch später noch einmal. So viel Aufwand für einen Radweg ist in Deutschland undenkbar. Die letzten 25 km sind das technisch aufwendigste, was ich bisher für Radfahrer gesehen habe. Kurz vor Weesen endet das grandiose Schauspiel. Ab Weesen folge ich verschiedenen Wegen und Straßen nach Süden, in Richtung Klausenpaß. Zwischen Näfels und Netstal habe ich viel Verkehr, besser wäre ich auf der anderen Seite Richtung Mollis gefahren.

Hinter Netstal verlasse ich die Hauptstraße und fahre nach Riedern (16.30). In Riedern kehre ich als erstes in einem Gasthaus ein und stille meinen Durst. Dann frage ich nach einer Pension. So etwas gibt es nur außerhalb im Klöntal im Haus Edelweis. Nach dem Bezahlen mache ich mich auf die Suche danach. Zuerst muß ich zurück durch den kleinen Ort und dann abwärts in ein kleines Tal. Dort unten stehen einige Häuser, darunter auch das unscheinbare, seltsam verbaute Edelweis, das seinem Namen überhaupt keine Ehre macht.

Trotzdem frage ich nach einem Zimmer und werde sehr freundlich aufgenommen. Zuerst setze ich mich ins Gastzimmer und trinke etwas. Dabei komme ich mit einigen Einheimischen ins Gespräch. Mein Fahrrad kann ich im Hausflur unterstellen. Der Gastwirt weist mich gleich darauf hin, daß am nächsten Tag Wirtetag ist. Das bedeutet, daß am nächsten Tag geschlossen ist und niemand im Haus verbleibt. Deshalb gibt es auch kein Frühstück und ich möchte doch bitte hinter mir die Tür zuziehen, wenn ich abreise.

Zum Abendessen, das in meiner Pension auch nicht gereicht wird, marschiere ich zurück ins Dorf. Dort im Gasthaus Tell bekomme ich ein vorzügliches Essen. Danach gehe ich wieder zurück ins Edelweis. Der Wirt und einige Einheimische laden mich ein zu ihrem Tisch. Am Gespräch kann ich leider so gut wie überhaupt nicht teilnehmen, da ich fast kein Wort verstehe.
 

Tageskiolometer 93,03 km
Ø 18,7 km/h
Zeit: 6:55 Stunden
Gesamtkilometer 784 km





Dienstag, 12.10.93
Die Nacht ist ziemlich stürmisch. Ich stehe um 7.00 Uhr auf. Bis 7.50 Uhr habe ich alles gepackt und bin schon vor dem Haus. Den Trainingsanzug verstaue ich noch auf dem Rucksack, denn es ist sehr schwül und warm durch den immer noch anhaltenden Föhn. Hier im nach Westen verlaufenden Klöntal verspüre ich nichts davon außer der Wärme. In Norden bestaune ich noch den mächtigen Schijen, dann beginne ich mit dem Aufstieg zum Klöntaler See und weiter zum Pragelpaß.

Dieser Paß verläuft fast parallel zum Klausenpaß, unterscheidet sich davon aber durch das Verkehrsaufkommen. Auf meiner geplanten Route gibt es fast keinen Verkehr. Beim Pragelpaß handelt es sich um ein altes Militärsträßchen, das erst seit einigen Jahren für den öffentlichen Verkehr geöffnet ist. Für PKW gibt es zeitliche Beschränkungen.

Die Straße ist nicht sehr breit. Hier macht das Radfahren so richtigen Spaß. Nach fünf Kilometern erreiche ich den natürlichen Damm des Klöntaler Sees. Die nächsten fünf Kilometer verlaufen eben am Wasser vorbei. Dann folgen einige einsame Gehöfte und die Straße steigt wieder steiler an. Hinter Richisau überschreite ich die Grenze vom Kanton Glarus zum Kanton Schwyz. Ab hier ist das Sträßchen nur noch einspurig. Zuerst bleibt sie noch in der Nähe des Baches inmitten schöner Almen. Auf den letzten Kilometern nimmt dann die Steigung stark zu und die Straße windet sich hinauf zum Paß.

Auf den letzten Metern bremst mich der Föhnsturm wieder mächtig. Den Paß erreiche ich um 10.10 Uhr. Die Sicht nach Süden ist nur mäßig in die anderen Richtungen aber gut. Der Alpenhauptkamm ist total wolkenverhangen, bei mir scheint aber immer noch die Sonne. Die nächsten 3,5 km verlaufen auf einer Hochebene, kreuz und quer durch lichten Wald um viele Felsblöcke herum. Hier oben hat auch vor einiger Zeit ein Sturm mächtig aufgeräumt. Überall liegen noch Bäume herum.

Dann folgt eine enge und steile Abfahrt hinab ins Muotathal. Als ich aus der Wald in die Almregion vorstoße, wird der Sturm fürchterlich. Ab hier ist größte Vorsicht geboten, da hinter Büschen oder Felsen starke Böen auftreten. Ab der Ortschaft Muotathal wird die Straße wieder normal breit und das Gefälle verringert sich. Hier ist fast kein Fortkommen mehr möglich, trotz kräftigem Strampeln. Aber ich kann doch keinen Berg hinab schieben! Wenn Lkws vorbeifahren muß ich höllisch aufpassen, daß die Schlenker beim Fahren nicht zu groß werden. Trotzdem sind außer mir auch noch andere Radfahrer unterwegs.

Die Straße hinab nach Schwyz ist sehr schön, der Wald tritt oft sehr nahe an die Straße heran. Nach einigen Kilometern knickt die Straße nach Norden ab und die Berge treten weiter auseinander. Der Blick nach vorne wird frei. Am nördlichen Rand des vor mir liegenden Tales liegt einer der Ursprungsorte der Schweiz, Schwyz in gleichnamigen Kanton (11.45 Uhr). Ich folge der Straße noch einige Zeit. Am Rand von Schwyz ändere ich dann wieder dir Richtung und fahre über einen Feldweg zur Verbindungsstraße Schwyz - Brunnen. Um 12.00 Uhr bin ich in Brunnen. Der Ort liegt am Übergang des Vierwaldstätter Sees zum Urner See. Der Vierwaldstätter See erstreckt sich über viele Kilometer nach Westen. Bei Brunnen verengt er sich auf etwa 1 km und macht einen rechtwinkligen Knick nach Süden. Hier nennt sich der See dann Urner See.

Die Ufer beider Seen sind rundum von sehr hohen Bergen eingeschlossen. Im Süden drohen dichte Wolken über dem Alpenhauptkamm. In Brunnen selbst scheint noch die Sonne aber schon wenige Kilometer weiter im Süden sieht es schon nicht mehr so einladend aus. Am Südufer des Urner Sees bei Altdorf scheint es sogar zu regnen. Genau dort will ich hin. Aber es liegt noch ein weiteres Handicap auf meinem geplanten Weg. Brunnen und Altdorf verbindet eine der geschichtsträchtigsten Straßen der Schweiz, die Axenstraße. Sie wurde vor vielen Jahren als eine der Ersten in den Fels hineingesprengt. An ihrem nördlichen Ende endet auch die von Zürich kommende Autobahn. Der ganze Verkehr wird jetzt über die Axenstraße weiter geführt. Das läßt mich vor dieser Straße zurückschrecken.

Ich sehe mir noch einige Zeit den Ort und vor allem das Seeufer an. Hier hat sich vom ewig anhaltenden Föhnsturm schon ein richtiger Wall aus Holz und sonstigem Gerümpel angesammelt. Mittlerweile behindern die Mengen sogar schon den regen Schiffsverkehr. Dann fahre ich die wenigen hundert Meter zum Beginn der Axenstraße hinauf. Hier gibt es einen wunderbaren Aussichtspunkt. An dieser Stelle beschließe ich dann für die weitere Strecke nach Süden einen Zug zu nehmen. Zum einen wegen des sich rapide verschlechternden Wetters, zum anderen wegen des Verkehrs.

Also fahre ich zurück zum Bahnhof von Brunnen (12.40 Uhr). Dort werde ich sehr zuvorkommend bedient. Da mein Zug auf einem anderen Gleis losfährt als der Fahrkartenschalter steht, führt mich ein Bahnbediensteter quer über die Gleise zu meinem Gleis. Ich brauche mein Fahrrad nicht durch die Unterführungen zu tragen. Hiervon bin ich sehr überrascht. Um 13.04 Uhr fährt mein Zug nach Göschenen, am Beginn der Schöllenenschlucht ab. Der Zug fährt direkt hinter Brunnen in eine längere Tunnelfolge. Nur für kurze Augenblicke kann man einen Blick auf die schöne Landschaft erhaschen.

Kurz vor Flüelen und Altdorf am Südufer endet dann die Tunnelfolge, aber es ist auch schon am regnen. Die Sicht nach Oben ist fast null. Trotzdem gibt es mehr als genügend anzusehen. Hinter Altdorf wird das Tal immer schmäler und ab Erstfeld rücken die Autobahn, die Eisenbahnlinie und die Straße sehr eng zusammen. Oft ist nicht genügend Platz für alle drei und mindestens eine Verkehrsader verschwindet im Berg.

Kurz vor Wassen kann dann die Bahn mit der Steigung des Tales nicht mehr mithalten. Sie legt im Berg eine erste Ehrenrunde ein um die verlorenen Höhenmeter aufzuholen. Das gleiche Spielchen macht sie dann kurz hinter Wassen noch einmal, aber viel ausholender. Nach der x-ten Schleife und Kurve verliert man irgendwann die Orientierung. Nur an der Fließrichtung der Reuss kann man die Richtung wieder finden. In Göschenen wird dann das Chaos perfekt. Hier verschwindet die Autobahn im Gotthardtunnel. Zuerst bekommt sie aber noch eine große Anschlußstelle und mehrere Fahrspuren spendiert. Eine Etage höher beansprucht die Bahn dann eine große Fläche mit vielen Gleisen für die Hauptstrecke, die auch hier im Gotthardtunnel verschwindet und die hier beginnende Schmalspurbahn zur Furka-Oberalpbahn. Außerdem macht die Hauptstraße noch einen Schlenker um den Bahnhof und durch den Ort Göschenen.

Hier verlasse ich den Zug und suche mir im strömenden Regen eine Unterkunft. Das Angebot ist gering. Im Hotel Gotthard finde ich dann doch noch ein kleines Zimmer. Die meisten Zimmer sind von Soldaten belegt. Während ich mich am duschen bin verschlechtert sich das Wetter immer mehr. Zu dem starken Dauerregen gesellt sich auch noch ein Gewitter. Mitten am Nachmittag hat man den Eindruck als würde es gleich Nacht.

Nach dem Duschen ziehe ich wieder die Regenklamotten an und sehe mir den Ort an. An verschiedenen Stellen kämpfen die Anwohner mit den Wasserfluten der vergangenen Tage. Der Ort gefällt mir nicht besonders, vielleicht liegt es aber auch am schlechten Wetter. Die Straßen und Bahnlinien bestimmen hier fast alles, zum Wohnen bleibt fast kein Platz. Das Abendessen nehme ich im Hotel ein. Hier werde ich sehr freundlich bedient, bin aber auch der einzige Gast im Speisesaal. Für die Dorfbewohner gibt es einen Extraraum. Am Nebentisch sitzt die ehemalige Inhaberin des Hotels. Sie hat gerade das Hotel an ihre Tochter und den Schwiegersohn übergeben. Das Geschäft wird an diesem Abend gefeiert.

Nach dem Abendessen hat sich das Wetter etwas gebessert. Ich mache noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort. Zur gleichen Zeit fahren viele Panzer und sonstige Militärfahrzeuge in die Schöllenenschlucht hinein, die direkt oberhalb des Ortes beginnt. Wahrscheinlich fahren sie in das Katastrophengebiet direkt südlich des St. Gotthard Passes. Hier regnet es seit Tagen ohne Unterlaß. Viele Straßen sind von Geröll verschüttet oder von den Fluten weggespült. Der Lago Maggiore läuft mittlerweile sogar über. Ältere Menschen können sich an eine solche Regenflut nicht erinnern.

In der Ferne huschen Blitze über den Horizont. Ich habe Bedenken, ob ich am nächsten Tag weiterfahren kann. Zurück im Hotel setze ich mich an meine Karten und plane für die verbleibenden Tage. Notfalls verlasse ich Göschenen wieder mit dem Zug. Während ich am überlegen bin beginnt es draußen wieder zu regnen und zu donnern. Hierher bin ich eigentlich nur wegen der hier beginnenden Schöllenenschlucht gekommen. Sie führt in das Hochtal nach Andermatt und Hospental. In diesen beiden Orten bin ich vor zwei Jahren schon einmal mit dem Fahrrad gewesen. Von hier aus will ich dann weiter über den Furkapaß, den ich noch nicht kenne, nach Gletsch. Von dort führt eine weitere Straße über den Grimselpaß nach Meiringen und zur Aareschlucht. Weiter könnte ich dann über die Große Scheidegg nach Grindelwald fahren um dort zu übernachten.

Diese Strecke hat den Nachteil, daß ich mich direkt am Alpenhauptkamm an der Schlechtwettergrenze bewege. Eine kürzere Variante hätte ich, wenn ich zurück nach Wassen rollen würde. Zuvor möchte ich aber trotzdem noch die Schöllenen befahren. In Wassen beginnt die Sustenpaßstraße. Bei dieser Variante wären mehr Höhenmeter zu bewältigen. Nach einigem hin und her lege ich mich ins Bett und harre der Dinge die da kommen werden.

Tageskilometer 53,80 bis Brunnen
Ø 13,6 km/h
Zeit: 4:50 Stunden
Gesamtkilometer 838 km



 
Mittwoch, 13.10.93
Die ganze Nacht hindurch hat es geregnet. Auch am Morgen hört es noch nicht vollständig auf. Ich sitze ziemlich lustlos im Speisesaal und höre den Nachrichten zu. Überall in den Südalpen und am Alpenhauptkamm häufen sich die Unwetterkatastophen. Zum Schluß dann noch eine schlechte Nachricht. Viele Pässe sind Schneebedeckt oder sogar gesperrt. Darunter befindet sich auch meine Ausweichroute über den Susten. Also kann ich nur versuchen mich durch die Schöllenen zum Furka und zum Grimsel durchzuschaffen.

Um 9.00 Uhr bepacke ich dann mein Fahrrad. Nach Norden sieht es ganz gut aus. Dort scheint wie gestern auch die Sonne. Im Süden ist es weiterhin bedeckt, aber man sieht die umliegenden Berge. Während ich noch am Fahrrad am rumhantieren bin fährt ein schwer bepackter Radfahrer an mir vorbei. Zuerst fahre ich noch einmal zum Bahnhof, da ich noch nicht ganz schlüssig bin, was ich tun soll. Von hier kann ich den Himmel besser sehen. Mein Hotel liegt ziemlich eingeklemmt zwischen Felsen und anderen Häusern.

Hier ziehe ich dann die Regenbekleidung an und los geht’s. Direkt am Bahnhof beginnt schon die Steigung, die bis Andermatt nicht mehr aufhört. Schon am Beginn der Tunnelgalerie in die Schöllenenschlucht muß ich die Regenjacke aber wieder ausziehen. Von innen werde ich mehr naß als von außen. Von dem anderen Radfahrer kann ich nichts mehr sehen.

Es folgt Galerie auf Galerie. Ich halte oftmals an um diese grandiose Schlucht zu bestaunen. Es ist noch gar nicht so lange her als man der Meinung war, diese Schlucht könne man nicht überwinden. Heute führt eine gut ausgebaute Straße und sogar eine Zahnradbahn hindurch. Als ich wieder in einer Galerie stehe und dem tosenden Wasser zusehe spricht mich plötzlich und unerwartet jemand von hinten aus dem Dunkeln an. Es ist der Radfahrer, den ich in Göschenen gesehen hatte. Er war noch kurz einkaufen gewesen und dort hatte ich ihn überholt.

Er erzählt mir, daß er auf dem Weg nach Genua ist. Von dort will er weiter nach Tunesien und Algerien. Dann will er mit der Fähre nach Marseille und den Rest mit dem Fahrrad nach Kaiserslautern zurücklegen. Während wir so am sprechen sind macht sich mein Fahrrad mit Hilfe des immer noch anhaltenden Föhnsturms selbständig und schlägt um. Zum Glück ist nur der Lenker leicht verbogen und nichts durch das Geländer in die Schlucht hinab gefallen.

Die letzten Kilometer durch die Schlucht zum Urner Loch fahren wir gemeinsam. Mein Mitfahrer ist Student in Kaiserslautern. In fünf Tagen hat er die Strecke bis hierher abgestrampelt. Gestern war er kurz nach mir in Brunnen. Er ist dann aber mit dem Fahrrad weiter über die Axenstraße gefahren. Laut seinen Angaben ist sie für Radfahrer nicht ungeeignet. Er hatte nur das Pech, daß er ab dort nur noch im strömenden Regen geradelt ist.

Die letzte Nacht hat er in einem Holzschuppen, kurz unterhalb von Göschenen übernachtet. Er hat so ziemlich alles dabei, was man für eine Tour ohne feste Unterkünfte benötigt. Dadurch kommt er auf eine Zuladung von 30 kg. Ich habe nur knapp 20 kg, zum Glück! Mein Mitfahrer ist in großer Eile, da er am Samstag um 16.00 Uhr in Genua auf der Fähre sein muß. Das größte Problem liegt aber noch vor ihm. Die Gotthardstraße ist auf der Südseite an vielen stellen wegen Erdrutschen und Überflutungen gesperrt. Zudem ist die Autobahn und auch die Eisenbahn durch eine Mure bei Bellinzona unterbrochen. Hier wälzt sich der ganze Verkehr über die Landstraße. Das größte Problem erwartet ihn aber am Lago Maggiore. Hier sind alle Uferstraßen überflutet. Wahrscheinlich wird die Höhe des Jahrhunderthochwassers überschritten. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Da er kein Radio dabei hat, weiß er noch nichts von dem, was ihn erwartet.

In drei Etappen erreichen wir das Urner Loch, ein ganz seltsames Gebilde. Von unten durchfährt man eine enge Schlucht. Die Wände rücken auf wenige Meter zusammen und das Wasser donnert gischtend an der Straße vorbei. Dann folgt ein kurzer Tunnel und eine kleine Kehre und man befindet sich unvermittelt in einem weiten, fast ebenen Tal, umgeben von sehr hohen Bergen. Hier öffnet sich von einem auf den anderen Meter das Hochtal von Andermatt und Hospental in über 1.400 Metern Höhe. Ab hier gibt es auch wieder einen Radweg und man kann sich in normaler Lautstärke unterhalten. Das nach wenigen Metern wild hinabstürzende Wasser ist hier oben ein gemächlich fließendes Bächlein.

Im Vordergrund die erste Ortschaft ist Andermatt. Davor liegt noch eine störende Kaserne. Wir durchfahren gemeinsam Andermatt. Dann folgt nach zwei ebenen Kilometern Hospental. An dieser Stelle habe ich vor zwei Jahren schon einmal gestanden und den Gotthardpaß hinaufgesehen. Heute stehe ich hier gelassener, da ich weiß, daß es sich ganz gut hinaufradeln läßt. Meinem Mitradler erkläre ich noch, was ihn dort oben straßenmäßig erwartet. Es ist immer noch leicht am Regnen und zum Alpenhauptkamm hin sieht es sehr unfreundlich aus. Wir beratschlagen noch einige Zeit über unseren Karten, dann wünschen wir uns noch alles Gute und trennen uns in verschiedene Richtungen.

Mein Weg führt mich weiter in Richtung Realp und Furkapaß. Ich überlege noch gutgelaunt, wie gering meine Probleme gegenüber denen meines Bekannten sind, als sich mir ein Sperrschild in den Weg stellt. Der Furkapaß ist wegen Schnee gesperrt. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder zurück nach Göschenen und Wassen und von dort über den Sustenpaß in Richtung Meiringen, Grindelwald und Basel oder aber meine ganze Planung umwerfen und über den Oberalppaß hinunter in Rheintal. In den Nachrichten heute Morgen wurde gemeldet, daß es auch am Sustenpaß Probleme gibt. So entschließe ich mich zum Rhein zu fahren. Diese Strecke kenne ich noch von vor zwei Jahren, nur bin ich dort umgekehrt gefahren.

Im Nachhinein betrachtet hatte ich großes Glück. Wäre es mir noch möglich gewesen über den Furkapaß zu kommen, am Grimselpaß wäre ich jäh vom Schnee gestoppt worden. Hier war überhaupt kein Weiterkommen mehr möglich. Dort wäre ich aber dann im Rhonetal gewesen und von hier aus hätte ich dann einen Teil des Alpenhauptkammes zwischen mir und der Heimat gehabt. 
Also geht's zurück nach Hospental und Andermatt (10.30 Uhr). Dann beginnt die Steigung hinauf zum Oberalppaß, knappe 600 Höhenmeter. Je weiter ich nach oben komme umso kälter wird es. Der Regen läßt jetzt ganz nach, dafür nimmt der Wind zu. Zum ersten Mal auf dieser Tour hupen mir wieder Autofahrer. Ein anderer kurbelt die Scheibe herunter und klatscht. Verschiedene entgegenkommende winken mir aufmunternd zu.

Den Paß erreiche ich um 11.45 Uhr. Hier liegt an verschiedenen Stellen noch Schnee. Die Regenklamotten, die ich bei der Auffahrt ausgezogen hatte ziehe ich jetzt wieder an und verschnüre alle Ritze. Trotzdem wird es mir auf den ersten Kilometern doch noch kühl. Die Abfahrtstrecke erstreckt sich über knapp 50 Kilometer bis kurz vor Schnaus. Hier ziehe ich dann die Regendichten Klamotten aus. Endlich ist der Sommer zurück und ein Hemd und die kurze Hose reichen aus. Noch während des Umziehens gibt es in meiner Nähe einen ohrenbetäubenden Knall. Ich erschrecke ziemlich. Im gleichen Moment höre ich einen Hubschrauber über mir.

Ich ärgere mich schon wieder über die Schweizer Militärs als ich etwas unterhalb von mir aus dem Rheinbett eine Wolke aufsteigen sehe. Wahrscheinlich wurde hier eine Barriere im Fluß gesprengt, die sich durch das Hochwasser gebildet hatte. Vom Schrecken erholt esse ich einige Plätzchen und trinke noch etwas. Dann rolle ich weiter hinab durch den Ort Schnaus bis nach Ilanz. In Ilanz ist Straßenmarkt. Mein Weg führt mich dann weiter auf der rechten Rheinseite. Unterhalb von Ilanz fließt der Glogn in den Rhein. Von fließen kann im Moment nur keine Rede sein. Zurzeit ist das Wasser pechschwarz und schießt nur so aus den Bergen. Die Farbe stammt vom Schiefer, der hier die vorherrschende Gesteinsart ist.

Ich biege nach links über den Fluß ab und radle leicht ansteigend in die Vorderrheinschlucht hinein. Die Straße wird mehrmals von Wasser und Schlamm überspült. Ich möchte letzte Nacht nicht hier gewesen sein. Jetzt ist das schönste Wetter. Nach einigen Kilometern erreiche ich dann Versam und damit den höchsten Punkt der Nebenstrecke mit 936 Metern. Danach folgt wieder eine längere Abfahrt bis zu einer Brücke über die tiefe Rabiusaschlucht. Es folgt ein weiterer kurzer Anstieg. Von hier hat man auch die besten Einblicke in die wilde Schlucht. Nach zwei Tunneln verschwindet die Straße schnurgerade im dichten Tannenwald. Jetzt folgt nur noch eine schnelle Abfahrt bis Bonaduz.

Dieser Ort war mir schon von vor zwei Jahren in guter Erinnerung. Obwohl es noch relativ früh am Nachmittag ist möchte ich hier einkehren im Hotel Weißes Kreuz. Nach dem Duschen schaue ich mir den Ort genauer an. Hier könnte man es länger aushalten. Vor dem Abendessen besuche ich noch die Hotelbar. Die Hotelleitung ist noch sehr jung, und so komme ich schnell mit Ihnen ins Gespräch. Nach dem Abendessen sitze ich wieder hier. Jetzt läuft hier das WM-Vorbereitungsspiel Schweiz-Portugal.

Als ich zu Bett gehe ist es draußen schon wieder am Regnen. Ich schmiede aber neue Pläne für den morgigen Tag, in der Hoffnung auf besseres Wetter. Vielleicht kann ich morgen den Kunkelpaß noch in meine Strecke einfügen.

Tageskilometer 100,53 km
Ø 18,9 km/h
Zeit: 6:46 Stunden
Gesamtkilometer 938 km




Donnerstag, 14.10.93
Die ganze Nacht hindurch hat es geregnet. Meine Laune sinkt wieder und die Pläne vom Vortag schwinden. Erst um 10.20 Uhr verlasse ich das Hotel, das mir in guter Erinnerung bleiben wird. Da ich keinen Diafilm mehr habe fahre ich noch zwei Geschäfte an. Hier gibt es aber nur Papierfilme zu kaufen. Also rolle ich hinab nach Tamins bei noch leichtem Regen. Hier am Zusammenfluß von Vorder- und Hinterrhein bietet sich ein grandioses Schauspiel. Beide Flüsse führen Hochwasser, viel mehr noch als gestern. Die Fluten prallen hier aufeinander. Die Brücke auf der ich stehe vibriert von den Fluten und unzählige Baumstämme werden mitgerissen. Auf der Hauptstraße zwischen Tamins und Domat/Ems begegne ich keinem einzigen Auto. In Domat/Ems erstehe ich dann zwei neue Filme. Ab hier folge ich dann noch kurz der Hauptstraße in Richtung Chur, fahre dann aber auf den Radweg, der mich durch Chur hindurch leitet.

Bei Haldenstein übersehe ich dann ein Radwegschild und überquere den Rhein. Mein Weg führt mich nach einigen Kilometer in ein Kiesbergwerk hinein. Hier ist wegen des Hochwasser absolut kein weiterkommen mehr. Der Radweg verschwindet in den Fluten. So muß ich also wieder zurück. Nach der Brücke sehe ich dann auch meinen Fehler, ein halb zugewachsenes Schild. Mittlerweile scheint die Sonne und ich kann mit kurzer Hose und Radlerhemd radeln. Meine Laune wird wieder besser. Leider bin ich schon einige Kilometer an der Auffahrt zum Kunkelpaß vorbei, den ich heute bei gutem Wetter noch gerne gefahren wäre.

In Landquart finde ich kein Hinweisschild zum Radweg. So fahre ich auf der „Hauptstraße“ nach Bad Ragaz. Hier beginnt es aber leider schon wieder zu regnen. Ich stelle mich kurz an einem Feldschuppen unter. Vor Sargans fahre ich dann querfeldein zum Rheindamm. Wie hat sich der Rhein in der letzten Woche verändert. Bis Kriessern verlasse ich den Damm jetzt nicht mehr. Zu meiner Rechten liegt Liechtenstein. Hier ist eine Brücke schwer beschädigt durch die Fluten. An der Eisenbahnbrücke nach Liechtenstein habe ich 1.000 km zurückgelegt (13.35 Uhr). Heute rollt es viel besser als letzte Woche. Endlich einmal Wind von hinten. Leider regnet es öfters und ich stelle mich zeitweise unter, soweit das möglich ist. Hier muß ich auch die Regenkleidung wieder anziehen. Sie wird mich bis zum Abend begleiten.

Heute bietet sich mir mehrfach ein seltsames Schauspiel. Auf Schweizer Rheinseite stehen viele Menschen und werfen Enterhaken in den Fluß um Baumstämme an Land zu ziehen. Diese werden an Ort und Stelle zu Brennholz zerkleinert. Einige Brückenpfeiler werden vom Bundesheer von ihrer schweren Last befreit. Bei Kriessern endet der Radweg auf dem Damm. Ich folge einem weiteren Radweg bis Widnau und St. Margrethen. Hier sieht es aus wie in Holland. Der Rheintaler Binnenkanal strebt dem Bodensee zu.

In Höchst folge ich dem alten Rhein in Richtung Rheinspitz. Leider finde ich keine Brücke hinüber ins Naturschutzgebiet. So radle ich zurück nach Höchst und weiter zur großen Brücke. Hier stehen viele Menschen herum und sehen zu, wie der Rhein über den Hauptdamm tritt. Der Rhein läuft buchstäblich über. Ab hier gibt es auch wieder einen Radweg nach Hard. Ab Hard ist mir der weitere Weg nach Bregenz bekannt. Gegen Abend reißt die Wolkendecke auf. Mit dem Sonnenuntergang erreiche ich den Bregenzer Hafen. Über dem Bodensee erhebt sich ein beeindruckendes Farbenschauspiel. Ich mache noch einige Bilder bis es fast dunkel ist. Dann begebe ich mich auf die Suche nach einem Hotel. Im ersten Hotel bekomme ich kein Zimmer, werde aber an ein weiteres verwiesen.

Gleichzeitig mit vier weiteren Radlern erreiche ich das Hotel Mesmer. Ich beeile mich um vor Ihnen an der Rezeption zu sein. Scheinbar habe ich mich dadurch bei Ihnen unbeliebt gemacht, ist mir aber egal. Die Fahrräder können wir alle zusammen in der Tiefgarage abstellen.

Nach dem Duschen treffe ich die vier anderen wieder im Restaurant. Sie würdigen mir keinen Blick. Alle haben sich in Schale geworfen, die Männer mit Schlips und Bundfaltenhose, die Frauen mit Kleid. Ich frage mich, wie man so was mit dem Fahrrad mitschleppen kann. Nach dem Essen will ich noch etwas in Bregenz herumspazieren. Leider regnet es schon wieder in strömen. So lege ich mich ins Bett und hoffe auf besseres Wetter.

Tageskilometer 127,07 km
Ø 20,6 km/h
Zeit: 7:26 Stunden
Gesamtkilometer 1.065 km




Freitag, 15.10.93
Die ganze Nacht hindurch regnet es sehr stark. Auch als ich zum Frühstück gehe (08.30 Uhr) ist es noch am regnen. Die Vier vom Vortag sitzen auch schon am Nebentisch. Sie wollen heute kein Radfahren, sondern überlegen wie sie am einfachsten mit der Seilbahn auf den Pfänder gelangen.

Nach Deutschland hin sieht es aber besser aus. Während des Frühstücks bricht dann die Sonne durch, die Alpen bleiben aber weiterhin wolkenverhangen. Da es auch heute nicht nach überragendem Wetter aussieht, beschließe ich mich auf die Heimreise zu begeben. Ich ziehe also nicht meine Radlerklamotten an, sondern Jeans und Hemd. Der Rucksack wird auf den Rücken gepackt. Um 10.00 Uhr verlasse ich das Hotel. Ich fahre langsam um den See in Richtung Lindau. Heute sind wieder einige Fernradler schwer bepackt mit Packtaschen unterwegs. In einigen Bundesländern sind Herbstferien. Einer sieht mich ganz entsetzt an. Scheinbar passt ihm etwas nicht an meiner Ausrüstung.

Lindau erreiche ich schon nach kurzer Zeit. Die Grenzstation habe ich scheinbar umfahren, wurde aber auch von niemandem an der „Einreise“ gehindert. Ich sehe mir noch kurz die Halbinsel Lindau und den Hafen an, in dem sehr viel Holz treibt. Dann fahre ich zum Bahnhof. Am Schalter wird mir erklärt, daß ich sehr spät dran sei, die meisten Züge in meiner Richtung wären schon weg. Ich könne nur mit Umsteigen nach Oberwesel gelangen. Außerdem ist sich die Angestellte nicht sicher, ob überhaupt noch Platz für mein Fahrrad vorhanden ist. In Zukunft möchte ich doch bitte meine Reise vorab buchen.

Um 10.55 Uhr erhalte ich dann eine Radkarte und eine Fahrkarte. Mein Zug, ein IR läuft um 11.00 Uhr ein. Als ich den Waggon betrete herrscht dort gähnende Leere, kein einziger Fahrgast belegt auch nur irgendeinen Platz. Mein Fahrrad hänge ich an die Wand, dann nehme ich Platz im angrenzenden Abteil. Eine Schaffnerin leistet mir die ersten Kilometer Gesellschaft und löst eine weitere Radkarte für DM 8,60. Diese muß bis Ende 1993 gelöst werden, wenn man seine Fahrt nicht vorher angekündigt hat. Mein Waggon bleibt leer bis nach Ulm, dann kommen weitere Fahrgäste hinzu, aber kein einziger Radler. In Mannheim muß ich dann umsteigen. Von hier bis nach Mainz zwänge ich mich in einen Nahverkehrszug. Mein Fahrrad und ich finden Platz zwischen zwei Waggons. Jedes Mal wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen wird es sehr eng.

In Mainz steige ich in einen weiteren Nahverkehrszug. Mittlerweile habe ich auch schon über 45 Minuten Verspätung. Der Verbindungszug hat aber gewartet. Oberwesel erreiche ich um kurz vor 17.30 Uhr. Da es schon dunkel wird, beschließe ich zu Hause anzurufen, damit ich abgeholt werde. Die Rheinberge hinauf zum Hunsrück möchte ich nicht im Dunkeln bewältigen.

Tageskilometer 11,42 km
Ø 15,7 km/h
Zeit: 8:42 Stunden
Gesamtkilometer 1.077 km


Zusammenfassung



Streckenübersicht


Laubach, 17.09.1999