Mittwoch, 26.07.2000

In dieser Nacht habe ich sehr gut geschlafen. Meine Blasen haben sich beruhigt. Dafür gibt's hier Mücken! Eine ganze Menge dieser lästigen Tierchen kreisen ums Zelt. Mein Zelt steht dummerweise halb unter Büschen. Normalerweise bringt das Vorteile, da die Sonne das Zelt früh morgens noch nicht aufheizt. Heut Morgen heizt die Sonne auch noch nicht, aber genau das ist das Fatale. Durch den vielen Tau, der bei mir noch nicht getrocknet ist, werden die Mücken magisch angezogen und sammeln sich alle bei mir. Also: Im Zelt fertig anziehen und dann nichts wie raus und in die Sonne. Ich spreche noch kurz mit den Zeltnachbarn und mache mich dann auf eine Tour rund um Vestvågøya.

Bis zum Skifjorden und der kleinen Ortschaft Storfjorden sind es ca. 2 km. Von hier hat man einen herrlichen Blick über den weiten Vestfjord hinüber zum Festland. Dazwischen liegen viele Inseln im Sonnenschein. Auch heute ist es wieder angenehm warm und wolkenlos. In Storfjorden biege ich nach Norden ab und folge der Straße 815. Sie führt entlang der Küste. Links liegen die Berge und rechts das Meer. Die Straße ist fast Menschenleer und in überwiegend gutem Zustand.. Ich habe viel Zeit zum Schauen. Besonders zu erwähnen ist der winzige Ort Øvrejorden im hinteren Rolvsfjorden. Ein ehemaliger Fischhafen ist zum Yachthafen ausgebaut worden. Die Fischerhütten werden nun an Touristen vermietet. Hier gibt es auch eine Tankstelle die ich zum Wasserauftanken nutze.

Die Straße führt nach Süden aus dem Fjord heraus um dann wieder nach Nordwesten der Küstenlinie zu folgen. Gegenüber des jetzt beginnenden Henningsværstraumens liegt die Ortschaft Henningsvær. Den Ort habe ich vor zwei Jahren besucht. Er liegt auf einer Insel, die durch zwei Brücken mit dem Festland verbunden ist. Ganz auf der Südspitze gibt es einen Leuchtturm mit überwältigender Aussicht.

Kurz vor Valberg sehe ich das erste Mal kleine Löcher in der Straße, die scheinbar ins Bodenlose führen. Hier bricht die Straße einfach ein. Mit den schmalen Reifen sollte ich besonders aufpassen. Ich werden von einem norwegischen VW-Bus überholt, der direkt vor mir anhält. Als ich vorbei fahren will, ruft mich der Fahrer zurück. Ich gehe zum Seitenfenster und sehe, daß auf dem Beifahrersitz ein dicker Stein liegt.

Ich verstehe nicht direkt, was der Mann von mir will. Er zeigt mehrfach auf den Stein. Plötzlich kapiere ich, daß er mich vor den Löchern in der Straße warnen will. Einige Kilometer vor mir in einer nassen Ebene gibt es ein weiteres Loch, das schlecht zu sehen ist. Er will dort den Stein deponieren, daß mir nichts passiert.

Zuerst bin ich sprachlos. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Dann bedanke ich mich. Der VW-Bus setzt sich in Bewegung und verschwindet hinter der nächsten Kurve. Ich kann es immer noch nicht so recht fassen. Wer würde so was bei uns machen?

Nach einigen Minuten sehe ich den Stein auf der Straße liegen. Auch hier ist nur ein kleines Loch zu sehen. Mit dem Fuß kann ich die Teerdecke eindrücken. Darunter ist wirklich viel Luft. Ich rolle den Stein in die Böschung und fahre weiter, immer noch beeindruckt von der Hilfsbereitschaft des Norwegers.

Im Vordergrund, am Ende des Henningsværstraumens, ist die mächtige Brücke über den Gimsøystraumen zu sehen. Sie verbindet die Insel Gimsøya, die fast den kompletten Henningsværstraumen versperrt, mit der davon östlich liegenden Insel Austvågøya. Auf der westlichen Seite ist Gimsøya durch die Sundklakkbrücke mit Vestvågøya verbunden. Diese Brücke ist wesentlich kleiner als die östliche Nachbarin. Der Sundklakkstraumen ist an dieser Stelle auch wesentlich schmaler als der gegenüberliegende Gimsøystraumen.

Ab der Sundklakkbrücke fahre ich wieder auf der E10 in Richtung Å i Lofoten nach Westen. Nach einigen Kilometern weitet sich der Sundklakkstraumen zu einer weiten Bucht. Gegenüber streben die Gipfel bis zu 800 Metern auf. Die Straße führt weiterhin immer entlang der Küstenlienie mit phantastischen Ausblicken. Kurz vor dem Erreichen des Atlantiks wird ein kleiner Paß überquert und die Straße führt jetzt nach Süden.

Nach weiteren Kilometern, kurz vor einer kleinen Abfahrt öffnet sich ein überwältigender Blick über das weite Tal von Borge. Auf einem Hügel über dem Ort steht die futuristische Kirche von Borge. Daneben befindet sich ein nachgebautes Langhaus aus der Wikingerzeit. Das ist mein nächstes Ziel.


Das Tal von Borge

Vom Parkplatz aus schiebe ich mein Fahrrad den Wanderweg hinauf zum Eingang des Wikingermuseums. Dort kann ich es abstellen. Vom Kassenhäuschen sind es noch einige hundert Meter bis zum Langhaus. Dort schließe ich mich einer deutschen Führung an. Das ganze Areal ist sehenswert und die Erklärungen sind gut. Man kann sich so Richtig das Leben zur Wikingerzeit vorstellen.


Die Kirche von Borge

Schon auf den letzten Kilometern vor Borge hat der Wind aus NW stark zugenommen. Als ich wieder ins freie trete ist mir ziemlich kalt. Die Windjacke ist jetzt dringend erforderlich. Die Sonne strahlt weiter vom wolkenlosen Himmel. Im Kafe trinke ich noch einen Kaffee, dann geht's weiter in Richtung Süden, nach Leknes. Der Nordweststurm treibt mich an. Den direkten Weg über den Paß nach Storfjorden nehme ich heute nicht. Ich folge dem Radwegschild in Richtung Mordsund. Dieser Weg ist unbedingt zu empfehlen. Er folgt zuerst dem Buksnesfjorden. In Ramsvika zweigt die Straße in Richtung Sennesvika ab. Die Straße strebt einem etwas über 100 Meter hohem Paß entgegen. Oben angekommen ist die Aussicht wieder phantastisch. Im Westen der Blick über Leknes, im Osten Richtung Festland.

Hier oben bleibe ich vorerst. Nach einer Stunde geht's dann in rauschender Fahrt hinab nach Sennesvika. Die schmale Straße biegt nach Norden und folgt der Küstenlinie in Richtung Storfjorden. Gegen Abend bin ich wieder auf dem Campingplatz.

Es folgt Duschpanne Nummer zwei. Heute bin ich ja schlauer und gehe in die zweite Kabine. Da ich ja nicht weiß, wie lange warmes Wasser kommt, ziehe ich mich aus und werfe meine 5 Kronen ein. Gleicher Erfolg wie am Vortag. Geld weg, Wasser kalt. Da ich die eisigen Temperaturen schon etwas gewöhnt bin, halte ich es länger aus.

Nach dem Duschen treffen auch die Norweger und den Franzosen wieder ein. Er war in Utakleiv. Der offene Strand zum Nordmeer soll sehr sehenswert sein. Die Italiener sind abgereist. Später trifft noch ein Amerikaner ein. Er ist schon seit Belgien mit seinem Mountainbike unterwegs. Dort ist er Ende Mai angekommen. Mit ihm unterhalte ich mich abends noch einige Zeit. Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist sind die Fliegen wieder unterwegs und es wird Zeit ins Zelt zu krabbeln.

Statistik:
Tageskilometer:  87,12 km
Höhenmeter:  503 m
Fahrzeit: 4:17 h
sonnig, leicht bewölkt warm
nachmittags in Borge stark windig
12. Storfjord
13. Kongsjorda
14. Allstad
15. Borge, Wikingermuseum
16. Leknes
17. Sennesvik
18. Storfjord

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