Sonntag, 01.09.91

An diesem Sonntagmorgen ist es bedeckt und mild. Die Sonne hat den ganzen Tag keine Chance durch die Wolken zu dringen. Da nur eine kurze Etappe auf dem Programm steht, bin ich auch erst um 9.45 Uhr startklar. Nach wenigen Me­tern  Abfahrt treffe ich auch einen der Münchner wieder. Mit ihm fahre ich die steile Auffahrt aus dem Ort heraus, in Richtung des Col de Vars. Dies ist eine wunderschöne Straße mit weit ausholenden Kehren oberhalb von Guillestre. Man hat einen guten Blick über den Ort.

Die Straße dringt dann weiter in das Tal der Chagne ein. Der Blick wird nun durch Berge in allen Richtungen versperrt. Bis zum Ort Vars haben mich alle Münchner überholt. Die letzen Kilometer vor dem Ort werden flacher und es folgt sogar eine längere Abfahrt. Jetzt aber beginnt leichter Regen. Bis zum nächsten Ort, Saint Marie de Vars, wird der Regen immer stärker. Die Zeit zwischen 11.00 Uhr und 11.30 verbringe ich in einer Bushaltestelle am Ortsausgang.

Dann wird der Regen wieder schwächer. Die Steigung nimmt nun wieder auf 8% zu. Im letzten Ort, in Les Claux, einem Wintersportort, wärme ich mich in einem Geschäft auf. Noch im Ort nimmt die Steigung auf 12% zu. Kurze Zeit später wird es aber wieder flacher. Die Wolken drücken sich an den Berghängen vorbei.

Der Col de Vars ist ein lang gestreckter Sattel. Kurz vor der Paßhöhe steht wieder ein Refuge Napoléon an einem flachen See, das auf eine Stiftung Napoleons zurückgeht. Dann geht es an sanften Wiesenbuckeln mit 10% aufwärts zum Paß. Der Regen ist nur noch sehr leicht. Oben angekommen sehe ich gerade noch, wie die Münchner ihren VW-Bus mit den Fahrrädern beladen. Scheinbar ist ihnen heute der Spaß am Fahren vergangen.

Ich mache auch nur eine kurze Pause von 12.30 bis 12.45 Uhr. In 2111 Metern Höhe ist es bei diesem Wetter doch schon sehr kalt. Ich ziehe meine Win­ter­hand­schuhe an und beginne dann die Abfahrt. Die Straße ist nun schlechter als auf der anderen Seite. Auch ist das erste Stück sehr steil. In St. Raul wird die Ubaye überschritten. Dann fährt man in einen 200 Meter langen unbeleuchteten Tunnel ein.

Das Tal wird nun sehr eng. Die Felsen wölben sich oftmals wie ein Dach über mir zusammen. Diese Schlucht von Pas de la Reyssole ist etwa 5 km lang. Mit der Einfahrt in die Schlucht ist auch der obligatorische starke Gegenwind wieder da. Weil meine Kleidung immer noch sehr feucht ist, wird es mir auch entsprechend kalt. In Gleitzolles trifft eine weitere Straße aus Italien auf meine Route. Nun nimmt das Gefälle doch merklich ab. Auch treten die Felswände weiter von der Straße weg.

Nach weiteren 7 km erreiche ich dann das heutige Etappenziel Jausiers (1.220 m) um 13.30 Uhr. Der alte Ortskern sieht ziemlich trist aus. Deshalb suche ich mir auch dort kein Zimmer. Kurz hinter der Abfahrt zum Col de la Bonette finde ich dann das Motel des Neiges. Dort bekomme ich ein Zimmer in einer Blockhütte. Das Fahrrad stelle ich auf die Terrasse. Als erstes nehme ich ein heißes Bad. Später un­ter­nehme ich dann einen Spaziergang in den Ortskern, um mir einen neuen Diafilm zu kaufen.

Auch heute sprechen der Hauswirt und die Bedienungen weder Englisch noch Deutsch. So bestelle ich am Abend wieder auf gut Glück. Das Essen schmeckt sehr gut, aber ich weiß nicht so genau, was es ist. Gegen Abend wird das Wetter besser. Das läßt für den nächsten Tag hoffen.

km: 43,52
Ø 14,4 km/h
Zeit: 3:44 Stunden
ges: 844 km


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