Mittwoch, 04.09.91
Auch heute sind kaum Wolken am Himmel, und es ist
sehr warm. Um 8.40 verlasse ich Mercadal, einen weiteren Ort, der mir sehr gut
in Erinnerung bleiben wird. Ich habe für den heutigen Tag eine Fährfahrt von
Ciudadela nach Alcudia auf Mallorca geplant.
Um 10.00 Uhr erreiche ich Ciudadela. Diese Stadt
liegt genau auf der gegenüberliegenden Seite von Maó. Die beiden Städte
sind durch die einzige "Hauptstraße" der Insel verbunden. Die Straße
verläuft ständig aufsteigend und abfallend mitten über die gesamte Insel.
Verkehr gibt es kaum.
Ciudadela ist eine interessante Stadt. Nur im
Stadtzentrum ist viel Verkehr. Von der Plaza aus geht eine steile Straße einige
Meter abwärts zum einzigartigen Hafen. Der Hafen ist nur wenige Meter breit,
dafür aber etwa einen Kilometer lang, vergleichbar mit einem nur wenige Meter
tief eingeschnittenen Fjord.
Leider finde ich hier keine Fährverbindung. Nach
einigem Nachfragen wird mir erklärt, daß keine Fähren mehr fahren, da die
Touristen schon alle weg sind. Es bleibt mir keine andere Möglichkeit, als den
Weg zurück zum Flughafen anzutreten.
Den Flughafen erreiche ich um 12.30 Uhr (70 km).
Dort buche ich den nächsten Flug um 15.35 Uhr nach Palma de Mallorca, wieder
bei Aviaco. Heute wird mir dann das schönste Fluggerät geboten. Eine alte DC
8. Der Pilot ist gerade eine Anzeigetafel an der Decke mit einem großen
Schraubenzieher am bearbeiten. Dabei biegt sich der ganze Himmel in der
Pilotenkanzel. Das steigert das Vertrauen in diese Fluggesellschaft enorm.
Trotzdem erreiche ich Palma wohlbehalten um 16.00
Uhr. Mit großem Erstaunen, nicht nur meinerseits, kommt mir mein Fahrrad über
das Förderband entgegen. Bisher wurde es immer durch einen Seiteneingang
herein geschoben. Aber auch hier erhielt ich es ohne Beschädigungen zurück.
Gegen 16.45 Uhr verlasse ich dann das Flughafengelände.
Der Flughafen verfügt nur über einen Autobahnanschluß. Doch aus einem
speziellen Fahrradreiseführer hatte ich die Information, daß ein schmaler,
geteerter Weg vom Flughafen wegführt. So gelingt es mir, daß ich zum Glück
nicht auf die Autobahn muß. Außerdem habe ich geplant Palma zu umfahren. So
gelingt es mir in 75 Minuten, ganze 7 km Luftlinie, zu überwinden. Hier habe
ich mich das einzige Mal auf meiner ganzen Tour total verfahren. Zeitweise
befinde ich mich in einem Olivenhain auf ganz schlechtem Weg und auch sonst
klappt fast überhaupt nichts.
Um 18.00 Uhr erreiche ich endlich die Abfahrt von
Palma in Richtung Sóller. Die Straße führt nun über 9 km leicht ansteigend
absolut gerade aus. Das ist Radfahren zum Abgewöhnen. Zum Glück läßt der
starke Feierabendverkehr sehr schnell nach. Endlich erreiche ich den Anstieg zum
Paß Col de Sóller. Von hier aus führt eine steile und überaus windungsreiche
Straße zur Paßhöhe in 496 Metern Höhe (19.15 Uhr). Dann folgt eine steile
Abfahrt hinab nach Sóller, meinem Ziel. Es beginnt nun leicht zu regnen. Die
Straße wird durch Reifenabrieb in den engen Kurven ziemlich glitschig. Kurz vor
einer engen Haarnadelkurve versuche ich zu bremsen. Leider ist auf der Straße
eine Ölspur. So kommt es zum einzigen Sturz. In dem Moment, als ich die Bremsen
betätige, blockieren beide Räder, und der Fall folgt unausweichlich.
Zum Glück ist mir so gut wie nicht passiert. Auch
das Fahrrad hat keine Schäden. Nur meine Kleider und der Rucksack sind durch
das Öl ziemlich schwarz. Am Ellenbogen habe ich leichte Schürfwunden. Tage später
bildet sich am linken Oberschenkel ein größerer Bluterguß. Die Straße ist so
glatt, daß anhaltende Autos nicht mehr von der Stelle kommen und einige Meter
Anlauf benötigen.
Um 19.40 Uhr erreiche ich Sóller. Dort fahre ich
zuerst zu einem Brunnen am Bahnhof, um mich ausgiebig zu waschen. Dann fahre
ich weiter zur Familie von Pablo, der 1987 bei uns zu Gast war. Dort werde ich
von der Mutter des Hauses herzlich willkommen geheißen und direkt zum
Abendessen eingeladen. Die Tochter spricht mittlerweile ganz gut Deutsch und so
kann ich mich auch gut unterhalten. Die Mutter und auch der Vater sprechen nur
Mallorquin und Spanisch.
Später am Abend trifft auch Pablo von der Arbeit
ein. Von dort rufe ich auch eine Deutsche an, die mir ein Zimmer in einem Hotel
im Hafen von Port de Sóller besorgt hat. Nach einem sehr guten Abendessen
erreiche ich dann um 22.50 Uhr, nach weiteren 4 km Fahrt, das Hotel. Dort werde
ich vom Nachtportier empfangen. Er zeigt mir das einfache Zimmer. Dusche und
Toilette muß ich mit einem weiteren Einzelzimmer teilen.
Zuerst hatte ich geplant, in einem anderen, mir bekannten Hotel, zu wohnen. Im Spätsommer sind dieses Jahr aber ungewöhnlicher Weise alle Zimmer belegt, und die Deutsche hat mit viel Mühe dieses Zimmer für mich gefunden und reserviert. Zuerst bin ich etwas enttäuscht von diesem Zimmer. Nachdem ich aber festgestellt habe, daß die Zimmer sehr sauber sind und die vermietende Familie sehr freundlich ist, gefällt es mir hier um so besser. Nachdem ich mich geduscht habe, unternehme ich noch einen Spaziergang in den Hafen. Um diese Zeit treffe ich aber keine Bekannten mehr. Nach einem Drink an der Hotelbar falle ich dann in einen guten und tiefen Schlaf.
km: | 131 |
Ø | 20,3 |
Zeit: | 11:05 Stunden |
ges: | 1.150 km |