Donnerstag, 12.09.91

In der Nacht war ein Gewitter mit starkem Sturm. Am Morgen scheint die Sonne wieder, aber es sind noch einige Wolken am Himmel. Für heute habe ich einen Besuch bei Pablo geplant, der auf der Sierra de Alfalbia, einem über 1000 Meter hohen Bergrücken über Sóller, die Feuerwache macht. Pablo hat mich zum Mittagessen eingeladen.

Um 10.20 Uhr verlasse ich das Hotel. Nach 46 Minuten (Ø 15,1) erreiche ich schon den Col de Sóller, verfolgt von meinem Freund Pep, mit seinem Auto. Von hier aus geht es etwa einen Kilometer abwärts. Dann geht es links ab auf eine ge­sperr­te Straße. Nach wenigen Metern auf der nun überaus steil ansteigenden Straße überholt mich ein kleiner LKW. Einige Meter später muß er wegen eines entgegenkommenden Pkws anhalten.

Der LKW-Fahrer sagt mir auf spanisch, daß eine Weiterfahrt für mich verboten ist, und ich erkläre ihm auf "spanisch", daß ich oben auf dem Berg eingeladen bin. Nach längerer Debatte erlaubt er mir die Weiterfahrt. Die Straße verläuft einspurig, sehr eng am Berg. Ich schätze die Steigung auf etwa 20%. Noch nie bin ich auf solch einer Straße gefahren. Erschwerend kommt noch hinzu, daß über große Strecken die durchgehend geteerte Straße von feinem Geröll und Sand bedeckt ist, auf dem andauernd die Reifen durchdrehen.

Nach vielen Serpentinen und engen Felsdurchbrüchen öffnet sich der Blick ins wunderschöne Tal von Sóller. Von Osten nähert sich ein Gewitter. Nach 1 Stunde und 46 Minuten bin ich dann auf dem Gipfel des Berges. Zuerst passiere ich ein verschlossenes Tor der spanischen Fernsehgesellschaft. Etwa 200 Meter weiter steht ein weiteres Gebäude, umgeben von einem hohen Zaun und geschützt durch ein doppeltes, unverschlossenes Tor. Ich fahre also durch diese Tore und sehe das Auto meines Freundes, aber leider keine Personen.

Zu meiner Rechten steht ein altes Gebäude im Abhang, und auf der Linken ein neues Gebäude der staatlichen Telefongesellschaft Telefonica. Ich gehe in das Gebäude, um nach Pablo zu sehen. Das erste was mir begegnet ist ein Wachhund, der mich sogleich mit seinen Zähnen an meiner Hand begrüßt. Sofort erscheinen drei Bewohner, um den Hund von mir abzuhalten. Zum Glück hat der Hund nicht zugebissen. Nach einem kurzen Gespräch in spanisch werde ich zu dem kleinen, schon leicht mitgenommenen Haus im Abhang geschickt. Dort sitzt Pablo und hält Feuerwache.

Zum Zeitvertreib hat er ein elektronisches Piano mitgenommen. Er komponiert. Er plant in ein oder zwei Jahren in die USA zu gehen, um dort Jazz zu studieren. Die heutige Feuerwache ist die vorletzte in diesem Jahr. Deshalb gehen wir kurz nach Mittag zur Telefonica und bereiten uns, mit den dort arbeitenden zwei Männern, ein Mittagessen. Mittlerweile knurrt der Hund auch nicht mehr, wenn ich ihm etwas näher komme.

Es ist schon sehr lustig, wenn man mit vier Männern versucht, ein Mittagessen zuzubereiten. Zum Glück kann uns dabei niemand zusehen. Nach dem Mittagessen legen sich alle schlafen. Nur ich und der Hund bleiben wach. Von Zeit zu Zeit gehe ich rund um die Station, um nach Rauchwolken Ausschau zu halten. Zum Glück ist nichts zu sehen. An diesem Tag hat es "nur" in der Gegend um Manacor, weit im Südosten, zwei kleine Brände gegeben. In der Zwischenzeit genieße ich die überwältigende Aussicht über fast ganz Mallorca.

Um 17.00 Uhr werden wir zu der Station gerufen. An einem PKW ist auf der Paßstraße ein Reifen geplatzt. Wir fahren hin, um den Schaden zu reparieren. Danach sitzen wir wieder in der Telefonstation, um etwas zu essen und zu trinken. Dann beginne ich die Abfahrt. Ich benötige fast die gleiche Zeit wie zum Aufstieg. Ich kann kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit fahren, wegen des überaus großen Gefälles. Im Osten hängt erneut ein Gewitter, das mich aber nicht behindert.

Um 19.40 Uhr erreiche mein Hotel. Am Abend gehe ich in eine Pizzeria am Hafen. Danach sitze ich wieder mit den Belgiern bis spät in die Nacht vor dem Hotel. In der Nacht gibt es wieder ein Gewitter.

km: 46,10
Ø   15,5 km/h
Zeit: 9,29 Stunden
ges: 1.295 km


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