Freitag, 28.07.2000

Heute Morgen ist es besonders feucht. Die Mücken sind jetzt richtig lästig. Nach dem Frühstück, das ich im Zelt einnehme, verpacke ich alles so weit wie möglich im Zelt. Dann geht alles ruck zuck. Zelt abbauen, Fahrrad beladen, kurze Verabschiedung von der Zeltnachbarin und hoch zur Rezeption. Erst hier werde ich die Fliegen los.


Mückenplatz in Storfjorden

Heute folge ich wieder der Küstenstraße nach Nordwesten. An den Bergflanken im Westen sind an einigen Stellen Föhndurchbrüche zu sehen. Auf der Westseite ist wohl wieder schlechtes Wetter. Ich hatte wohl doch etwas Glück mit meinem Zeltplatz.

In Øvrejorden bricht der Föhn massiv durch. Die Nebelschwaden umgeben mich. Es wird empfindlich kühl und es regnet leicht. Nachdem ich den Fjord verlassen habe, bin wieder im schönsten Sonnenschein. Es geht weiter in Richtung Nordwest. Heute hält niemand an und warnt mich vor den Löchern in der Straße.


Föndurchbruch

Kurz bevor ich die Sundklakkbrücke erreiche, werde ich wieder von den Nebelschwaden umgeben. Ich ziehe die lange Hose und die Windjacke an. Auf der Brücke stürmt es mächtig und ist ziemlich naß. Jetzt befinde ich mich wieder auf der E10. Der Verkehr ist nicht störend. Im Windschatten von Gimsøya fährt es sich wieder ganz angenehm. Die Sonne kommt aber nicht mehr durch.

Nach einigen Kilometern erreiche ich die mächtige Brücke über den Gimsøystraumen. Hier trifft von Norden die schmale Straße, die Gimsøya umrundet, auf die E10. Von dort kommt gerade das norwegische Ehepaar vom Vortag mit ihren Rädern. Sie haben letzte Nacht wild an der Nordküste von Gimsøya, in der Nähe von Hof, gezeltet. Die Nacht dort muß wegen des Sturms sehr unangenehm gewesen sein. Außerdem hat es seit Mitternacht geregnet. Als ich erzähle, daß ich bis jetzt strahlenden Sonnenschein hatte, können sie es kaum glauben.


Brücke über den Gimsøystraumen

Wir schieben gemeinsam über die Brücke. Der Mann erzählt mir, daß er bei der norwegischen Bahn beschäftigt ist und schon einige Male dienstlich in Deutschland war. Außerdem hat er schon 11 Mal am Den Store Styrkeprøven, der großen Kraftprobe, einer 550 km langen Radtour zwischen Trondheim und Oslo teilgenommen. Die Tour startet samstags und muß in 30 Stunden bewältigt werden. Jetzt haben wir ein Gesprächsthema, da ich auch an der Tour interessiert bin. Vor zwei Jahren habe ich den Radlern im Gudbradstal zugesehen.

Am Ende der Brücke, auf der Insel Austvågøya, befindet sich ein kleiner Rastplatz. Dort kehren wir zu Kaffe und Waffeelen ein und unterhalten uns noch einige Zeit. Die Waffeln bereite ich mir selbst zu und den Kaffee hole ich auch selbst. Der Besitzer des Kiosks unterhält sich draußen mit anderen Gästen und stört sich nicht daran. Erst als ich den Platz verlasse, bezahle ich.

Beim wegfahren habe ich leichte Probleme. Ich habe das Gefühl, daß der Freilauf nicht richtig greift. Gestern hatte ich schon einmal den gleichen Eindruck. Noch mache ich mir darüber keine größeren Gedanken - noch -.

Die Straße knickt nun direkt in südlicher Richtung ab. Je weiter ich mich von der Brücke entferne um so sonniger wird es wieder. Auf der Höhe von Rørvika, der Abzweigung nach Henningsvær, ist wieder Sommer. Dort sind auch wieder einige mutige im Wasser. Hier habe ich es vor zwei Jahren auch probiert. Bis zu den Knien war ich im Wasser. Mehr muß nicht unbedingt sein bei ca. 10°C Wassertemperatur.

Ich folge in östlicher Richtung der E10 in Richtung Svolvær. Wer noch nicht hier war, sollte unbedingt der Stichstraße 816 nach Henningsvær folgen. Henningsvær liegt auf Inseln und ist noch nicht allzu lange mit Landfahrzeugen erreichbar. Die Aussicht und den Ort und die umliegenden schroffen Felswände sind überragend.

Ich folge der E10 nur wenige hundert Meter um dann auf der Höhe eines Sees links der alten Paßstraße zu folgen. Die neue Straße untertunnelt einen schmalen Bergrücken. Die alte Straße hat keine Teerdecke und befindet sich in mäßigem Zustand. Ich schiebe und genieße die Aussicht. Oben am Paß, auf ca. 150m Höhe, lege ich eine Pause ein und wandere über die Hochfläche.


Alte Paßstraße

Nach der Paßhöhe knickt die alte Straße unmittelbar nach Norden ab und die Aussicht wird grandios. Man hat einen tollen Ausblick über einen großen See und eine weite Ebene bis nach Kabelvåg. Der Weg wird nun sehr schlecht. Überall liegen dicke Steine umher. Stellenweise liegt noch Schnee. Eine Brücke über einen kleinen Bach gibt es nicht mehr. Ich muß das Rad hinüber tragen. Nach gut einem Kilometer erreiche ich wieder die E10. Trotz der Anstrengung hat sich der Umweg gelohnt.


Blick in Richtung Kabelvåg


Die "Abfahrt"

Auf der E10 treten wieder kurzzeitig die Probleme mit der Schaltung auf. Der Freilauf greift nicht richtig. So lange ich trete ist alles in Ordnung. Höre ich auf zu treten und beginne wieder, trete ich ins leere. Das kann ja noch schön werden Je weiter ich fahre um so schlimmer wird's.

Ich passiere die Orte Ørsvåg und Kabelvåg. Die Straße folgt mehr oder weniger der Küstenlinie. Trotzdem ist das Meer kaum zu sehen. Die Straße wird die meiste Zeit von einem Radweg begleitet, der bei der zunehmenden Verkehrsdichte zu empfehlen ist. Nur mich bringt er jetzt mehr und mehr zur Verzweiflung, da nach jedem Bremsen der Freilauf streikt.

Nach Kabelvåg folgt einige Kilometer später Svolvær, die heimliche Hauptstadt der Lofoten. Zum Glück geht's die letzten Kilometer ziemlich eben oder leicht abwärts. Das Treten ist fast unmöglich. Der Freilauf greift nur noch sporadisch. Bei jedem stärkeren Treten springt irgend etwas über.

Svolvær ist mit 4.100 Einwohnern die größte Stadt der Lofoten und Kulturmetropole. Die Hurtigruten läuft sie in Nord- und Südrichtung an. Nachdem ich mein Fahrrad durch die Straße geschoben habe, finde ich ein größeres Sportgeschäft. Der Chef erklärt mir, daß er den Freilauf am nächsten Morgen reparieren kann. Ich soll das Rad am nächsten Morgen vorbei bringen.

Im Norlandia Royal Hotel bekomme ich ein Zimmer. Nach dem Duschen ist waschen angesagt. Da es ziemlich warm ist, trocknet alles auch schnell. Am Abend sehe ich mir die Stadt genauer an. Im Hafen gibt es einige schöne Kneipen. Bei diesen Temperaturen sitzt es sich besser draußen. Gegen 23.00 Uhr marschiere ich zurück zum Hotel und schlafe tief und fest.


"nächtlicher" Blick über das Hafenbecken von Svolvær

Statistik:
Tageskilometer:  65 km
Höhenmeter:  410 m
Höchster Punkt 148 m
Fahrzeit: 4:37 h
sonnig, warm. Zeitweise Föndurchbruch dann stürmisch, Nieselregen kühl
21. Storfjord
22. Kongsjorda
23. Svolvær

Schiebestrecke über alte Paßstraße

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