Mittwoch, 09.08.2000

Die ganze Nacht hindurch regnet es. Aus diesem Grund nehme ich mir auch viel Zeit für das Frühstück. Es sieht immer noch nicht besser aus. Dann packe ich meine Ausrüstung zusammen, bezahle und verabschiede mich. Heute muß ich mindestens bis nach Sortland zurück, um die Hurtigruten nach Tromsø zu erreichen. Am Liebsten würde ich sogar bis Svolvær fahren. Dann könnte ich noch eine wesentlich längere Tour mit der Hurtigrouten unternehmen.

Der Spanier teilt mir beim Abschied mit, daß seine Frau vor einigen Minuten hinüber nach Sortland gefahren ist. Sie hätte mich bei diesem Wetter mitnehmen können. Pech gehabt! Die ersten Kilometer fahre ich noch ohne Regenhose. Dann ziehe ich mich in einer Bushaltestelle um. Regenbekleidung von Kopf bis Fuß. Nur die Turnschuhe sind nicht geschützt. Bald werde ich von Innen nasser als von Außen. Bei Temperaturen von ca. 10°C wird es dann doch etwas unangenehm.

Den Tunnel erreiche ich ohne Probleme. Auf der nachfolgen Abfahrt wird es dann ziemlich kalt. Kurz hinter Frøskeland biege ich von der Reichsstraße ab und folge dem östlichen Ufer des Eidsfjorden in Richtung Süden. Die Straße ist fast unbefahren. In der Ortschaft Oshaugen am Sildpollen endet dann unverhofft die Teerdecke. Die bisher angenehm zu fahrende Straße wird zur Schlammpiste. Nach kurzem Studium meiner Karten entschließe ich mich zum Durchqueren der Insel. Zuerst befinde ich mich für ca. 3 km ebenfalls auf einer Schotterpiste, auf der ich auf Grund des Gewichts meines Fahrrades nur schieben kann. Dann gelange ich auf eine Teerstraße. Sie führt schnurstracks ins Inselinnere und steigt dabei stetig an.

In ca. 170 Metern Höhe in einem einsamen Wald erreiche ich die Paßhöhe. Dann folgt eine kurze und steile Abfahrt hinunter nach Sortland. Trotz des Regens und der Kühle macht das Radeln Spaß. Der Regen hat auch fast nachgelassen. Deshalb beschließe ich weiter bis nach Stokmarknes zu radeln, evtl. sogar noch bis nach Svolvær.

Die Strafe folgt einige Kilometer später. Der Regen wird wieder sehr stark. Außerdem ist der rege Verkehr auf der E10 unangenehm. Die Gischt der Fahrzeuge erwischt mich regelmäßig. Die größte Herausforderung stellt aber die riesige Hadselbrua mit 1.020 Metern Länge dar. Oben bläst es wieder ganz ordentlich, so daß zeitweise schieben angesagt ist.

Zuerst versuche ich auf der kleinen Insel Børoy eine Unterkunft bis zum späten Abend zu erhalten. Dort verweist man mich weiter nach Stokmarknes. Stokmarknes ist eine kleine Stadt. An sie kann ich mich noch von meinem ersten Norwegenurlaub erinnern.


Das nach Süden fahrende Schiff der Hurtigruten fährt in den Hafen von Stokmarknes ein

Etwas abseits der Hauptstraße befindet sich das Hurtigrutenmuseum. Direkt daran angeschlossen ist ein modernes Hotel. Dort erhalte ich problemlos ein Zimmer bis zum späten Abend. Das Fahrrad stelle ich in einem Seitenflur ab. Nach der Dusche geht es mir wieder gut. Die Turnschuhe versuche ich mit dem Fön notdürftig zu trocknen. Dann gehe ich ins Museum. Es ist sehr interessant. Irgend jemand hatte mir vor dem Urlaub gesagt, daß die Hurtigruten noch kein Schiff verloren hätte. Hier werde ich eines Besseren belehrt. Eine große Anzahl der Schiffe ist in den vielen Fjorden und Schären verloren gegangen. Die optimale Motivation für die in der Nacht anstehende Seereise.

Direkt vor dem Museum steht die Finnmarken auf dem Trocknen. Sie ist das größte Exponat des Museums. Sie kann besichtigt werden.


Bild aus einem Werbeprospekt. Ich habe die Sonne nicht gesehen


Das Hurtigrutenmuseum ist sehenswert

Ich genieße den letzten Tag auf den Inseln im Nordmeer. Am Abend mache ich noch einen Stadtbummel und besuche eine Pizzeria. Dann beginnt es wieder zu regnen. Die nassen Klamotten vom Tag sind wieder weitestgehend trocken. Um 24.00 Uhr zahle ich und schiebe mein Rad die wenigen Meter bis zum Kai. Es ist dunkel. Das erste Mal in diesem Urlaub. Die Wolken hängen tief und es nieselt. Ich stelle mich in einer Lagerhalle unter. Nach und nach kommen einige wenige Fahrgäste. In der Lagerhalle sausen zwei Stapler rund. Sie bringen Paletten direkt zur Kaimauer. Wenn das Schiff kommt, muß alles sehr schnell gehen, da die Standzeit nur wenige Minuten beträgt.


Die MS Midnatsol. Sie bringt mich nach Tromsø

Kurz vor 01.00 Uhr läuft die MS Midnatsol ein. Ich fahre mit dem Materiallift in den Bauch des Schiffes. Das Fahrrad binde ich mit ein paar Expandern an der Seitenwand fest. Während ich noch mein Fahrrad sichere, kommt ein älteres Pärchen zu mir. Sie sind mit Mountainbikes unterwegs und freuen sich über einen weiteren Radler. Wir sprechen noch kurz miteinander und wünschen uns dann gegenseitig eine gute Nacht.

Die Gepäcktaschen nehme ich mit nach oben. Erst im zweiten Anlauf finde ich die Rezeption. Da das Schiff ziemlich ausgebucht ist, kann ich keine Kabine erhalten. So buche ich nur die Fahrt nach Tromsø.

Statistik:
Tageskilometer: 94 km
Höhenmeter:  563 m
Fahrzeit: 4:41 h
Temperatur 10-12 °C
Dauerregen, bedeckt, trüb, kühl
46. Straume
47. Frøskeland
48. Oshaugen
49. Sortland
50. Stokmarknes

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